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■ Mit dem ersten Novel-Food auf du und duOhne Kennzeichen

Hamburg (taz) – Die Entscheidung fiel wieder einmal hinter verschlossenen Türen. Heimlich hat die EU-Kommission die Vermarktung von Öl aus genmanipuliertem Raps freigegeben – vor sechs Wochen schon, wie Günter Donn, von der Hoechst-Schering-Tochter AgrEvo, kürzlich auf einer Tagung berichtete. Das Rapsöl aus dem Haus AgrEvo ist damit das erste Gentech-Lebensmittel überhaupt, das nach der seit 15. Mai geltenden Novel-Food- Verordnung zugelassen ist – gekennzeichnet wird es nicht.

Die zugelassenen Rapslinien sind gegen den AgrEvo-Unkrautvertilger Basta resistent und werden seit 1995 in Nordamerika angebaut. Inzwischen wächst Genraps auf 1,2 Millionen Hektar – ein gutes Drittel stammt von AgrEvo. Das Rapsöl geht vorwiegend nach Asien, doch kann es, in Lebensmitteln verarbeitet, auch in Europa landen.

Verbraucher werden das Genrapsöl im Laden nicht erkennen können – eine Kennzeichnung bleibt aus: „Das Öl ist als gleichwertig mit herkömmlichen Produkten eingestuft worden“, berichtet Marianna Schauzu vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz (BgVV), der für Gen- Food zuständigen Bundesbehörde. Da das raffinierte Öl kein genmanipuliertes Erbgut mehr enthält, ist ein Nachweis, daß das Rapsöl aus Gentechpflanzen gewonnen wurde, nicht möglich. Daher ist kein Genehmigungsverfahren nötig, wie etwa beim Verkauf einer Gentomate. Es reiche eine schlichte Anmeldung, so Schauzu. Zur Information der Verbraucher ist lediglich vorgesehen, einmal im Jahr die gemeldeten Produkte im EU- Amtsblatt zu veröffentlichen.

„Die Verbraucher wurden auch hier – wie bei Soja und Mais schon – vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Greenpeace-Sprecher Stefan Flothmann, „man hätte eigentlich hoffen können, daß die Europapolitiker aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben.“ Die Zulassung des AgrEvo-Rapses muß als Vorentscheidung dafür angesehen werden, daß die EU-Kommission nicht gewillt ist, sich für eine grundsätzliche Kennzeichnung von Gen-Food einzusetzen. Im Gegenteil: Gestern empfahl die EU-Kommission Österreich, Italien und Luxemburg, ihre nationalen Importverbote für Genmais aufzuheben. Der Zulassungsausschuß mit Vertretern aller EU-Staaten muß darüber nächste Woche entscheiden. Klar ist damit auch, daß das bereits auf dem Markt befindliche Öl aus Gensoja, welches in über 30.000 Lebensmitteln enthalten sein kann, weiterhin ohne Kennzeichnung bleibt. Wolfgang Löhr

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