piwik no script img

■ Mit dem britischen Haushalt auf du und duSparen für Jobs

Großbritanniens Labour-Regierung hat Glück. Sie muß sich nicht um hohe Arbeitslosigkeit und einen vielleicht zu schwachen Euro sorgen, sondern um Überhitzung der Wirtschaft und das starke Pfund. Deshalb kündigte Finanzminister Gordon Brown am Mittwoch nachmittag Steuererhöhungen der neuen Labour-Regierung an. Sein Nachtragshaushalt solle Großbritannien nicht etwa für den Euro fitmachen, sondern für „die Herausforderung der neuen und sich schnell verändernden Weltwirtschaft“.

Hatte die konservative Regierung für das Finanzjahr 1997–98 noch ein Haushaltsdefizit von umgerechnet 55,8 Milliarden Mark veranschlagt, will Brown nur noch 31,6 Milliarden aufnehmen und 1998–99 sogar nur 11,6 statt 35,5 Milliarden Mark – das Defizit sänke auf die im EU-Rahmen beneidenswerte Marke von 1,5 Prozent des Bruttosozialprodukts.

Als Grund nannte Brown die Sorge vor einem Wiederanstieg der Inflation angesichts des derzeitigen britischen Booms. Aber es gibt noch einen anderen Grund: Die europäische Unsicherheit über den Euro und die Stärke des US-Dollars treiben das Pfund auf immer neue Höhenflüge; es liegt jetzt über dem Niveau, an dem es 1992 rezessionsbedingt aus dem Europäischen Währungssystem herausfiel. Das starke Pfund schadet schon dem britischen Export.

Um die Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden, muß dem Markt Geld entzogen werden. Dazu die höheren Steuern. Eine Alternative wäre es, die Kredite zu verteuern – durch höhere Leitzinsen. Doch die würden das Pfund noch höher treiben. Allerdings schätzen die Finanzmärkte Browns Steuerpläne so maßvoll ein, daß sie trotzdem mit einer Leitzinserhöhung in der kommenden Woche rechnen, und das Pfund steigt weiter.

Die höheren Steuern treffen nämlich weniger den privaten Verbrauch, der in diesem Jahr um 4,5 Prozent wächst, sondern vor allem die Unternehmen, auch wenn die Kapitalsteuern leicht sinken. Insgesamt 15 Milliarden Mark Sondersteuer werden in den nächsten zwei Jahren den privatisierten Strom-, Wasser, Telefon- und Flughafengesellschaften abgeknöpft. Der Großteil davon soll eine Wohlfahrtsreform finanzieren: 250.000 Langzeitarbeitslose von unter 25 Jahren sollen wieder arbeiten – unter Androhung der Streichung staatlicher Hilfe. Die Arbeitsplätze sollen zustandekommen, indem Arbeitgeber eine Lohnsubvention von 170 Mark wöchentlich bekommen.

„Hohe Kosten mit wenig Wirkung“, nannte dieses Programm gestern das Wirtschaftsinstitut „Centre for Economics and Business Research“. Die besteuerten Konzerne werden nämlich wegen der Sondersteuer weniger investieren, was Jobs kostet. Außerdem gibt es aufgrund der niedrigen britischen Arbeitslosigkeit gar keine 250.000 registrierten jungen Langzeitarbeitslosen mehr – unregistrierte zählen ja nicht. Aber es geht Labour wohl eher um die kulturelle Wirkung. Für das 21. Jahrhundert, so Brown, brauche Großbritannien die Tugenden des 18. Jahrhunderts: „Kreativität, Wendigkeit, Glauben an harte Arbeit und Selbstverbesserung“. Dominic Johnson

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen