■ Mit dem Welthandel auf du und du: Bald umweltfreundlich?
Berlin (taz) – Bislang hat die Welthandelsorganisation (WTO) mit dem Umweltschutz in erster Linie ein Problem: Sie sieht ihn als Handelshemmnis. Wie die Welthandelsregeln dem Umweltschutz stärker Rechnung tragen können, darüber beriet gestern das Europäische Parlament.
Der grüne Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler fordert in einem Bericht an das Straßburger Parlament unter anderem, daß internationale Umweltschutzabkommen in den Gatt-Vertrag zum Welthandel eingebaut werden sollen. Darunter würde etwa das Washingtoner Artenschutzabkommen fallen, das den Handel mit bedrohten Tieren und Pflanzen verbietet, oder die Baseler Konvention, die Sondermüllexporte verbietet. Das Europaparlament stimmt heute über entsprechende Empfehlungen an den WTO-Expertenausschuß Handel und Umwelt ab, der am kommenden Dienstag in Genf zusammentritt.
Kreissl-Dörfler schlägt ferner die Schaffung internationaler Öko-Siegel zum Beispiel für Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung vor, die die WTO übernehmen soll. Dies würde auf keine Handelsbeschränkung herauslaufen; vielmehr sollen im Rahmen des freien Welthandels die Konsumenten für entsprechende Nachfrageveränderungen sorgen.
Konkrete Handelsbeschränkungen aber müßten erlaubt sein, wo die Gesundheit von Menschen gefährdet ist, wie beispielsweise im Fall der Rinderseuche BSE. Und schließlich fordert Kreissl-Dörfler auch Beschränkungen für multinationale Konzerne: Diese dürften nicht länger durch das Ausweichen in Entwicklungsländer international anerkannte Arbeits- und Umweltschutzstandards unterlaufen. Denn „das internationale Standort-Dumping ist heutzutage eine größere Gefahr als der Protektionismus“.
Der Bericht betont zwar, daß die Regeln keinesfalls auf einen Protektionismus von seiten der Industrieländer gegen die Länder des Südens herauslaufen sollen. Doch genau dies befürchten offenbar mehrere Regierungen aus Entwicklungsländern, die Widerstand gegen eine Verschärfung der Bestimmungen ankündigten. Es bleibt also sehr fraglich, ob der WTO-Ausschuß Handel und Umwelt bei der Ministerkonferenz der Handelsorganisation im Dezember in Singapur den Umweltschutz stärker verankern wird. Nicola Liebert
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