■ Mit dem Stabilitätspakt auf du und du: Abschreckungspolitik
Hamburg (taz) – Wenn ab Januar 1999 die Euro-Staaten wieder kräftig an der Schuldenschraube drehen, dann droht ihnen der Stabilitätspakt mit drastischen Strafen: Bis zu 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kann die Geldbuße gehen. Im Falle Deutschlands wären dies immerhin mehr als 18 Milliarden Mark. Skeptiker befürchten, daß die ohnehin Finanzschwachen durch diesen Strafenkatalog noch tiefer in den Schuldensumpf hineingezogen werden könnten. Nein, widerspricht Ilka Tröger, die Bonner Öffentlichkeitsarbeiterin der Europäischen Kommission, der Stabilitätspakt diene lediglich der „Abschreckung“, nicht der Vergeltung.
Der Stabilitätspakt besagt, daß alle Konvergenzkriterien auch nach dem Euro-Start weitergelten. Und obwohl – oder weil – sämtliche EU-Staaten bis auf Griechenland ihr 1997er Haushaltsdefizit überraschend unter die einst willkürlich gesetzte 3,0-Prozent-Marke drücken konnten, bleiben heftige Zweifel an der nachhaltigen Normerfüllung bestehen.
Europaweit wurden viele Zahlungsströme zeitlich verlagert, teure Beschaffungen für das Militär verschoben und notwendige Investitionen drastisch gekürzt. Zudem wurde ein Zwischenspurt beim Privatisieren staatlicher Konzerne und bei Grundstücksverkäufen eingelegt. Allesamt flotte Einmalaktionen, um den Schuldenpegel zeitweilig zu senken.
Sollte künftig die Neuverschuldung eines Landes wieder über die magische Dreiprozenthürde hinwegklettern, dann gebietet „der Ernst der Lage, daß alle Beteiligten umgehend handeln“, so die EU-Verordnung 1467/97. Unter „umgehend“ wird allerdings ein Zeitraum von zehn Monaten verstanden. Nur wenn danach der Fauxpas nicht korrigiert ist, wird es wirklich ernst: Die Kommission versendet einen „blauen Brief“ und zieht eine unverzinsliche Einlage „in angemessener Höhe“ ein. Verloren ist das Geld dann frühestens zwei Jahre nach der Verschuldungstat. Erst dann könnte die unverzinsliche Einlage von Brüssel als Geldbuße einkassiert werden. Dazu bedürfte es extra einer politischen Entscheidung des Ministerrates. Kaum zu glauben, daß soviel Langmut Regierungen abschrecken wird, im nächsten Konjunkturtal mit neuen Schulden gegenzusteuern. Hermannus Pfeiffer
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