■ Mit dem Erdgasverbrauch auf du und du: Vorrat für 70 Jahre
Berlin (dpa/taz) – Seit gestern tagt in Mailand der Weltkongreß der Gasindustrie, der alle drei Jahre stattfindet. Die Aussichten der Branche sind günstig, denn die Erdgaslieferanten profitieren sowohl vom Entwicklungsboom der Schwellenländer Asiens und Lateinamerikas als auch von den Umweltschutzmaßnahmen der Industrieländer.
Der Erdgasverbrauch wird nach einer gestern veröffentlichten Studie des Internationalen Dachverbandes der Gaswirtschaft (IGU) weltweit von heute rund 2.500 Milliarden Kubikmetern um fast zwei Drittel auf rund 3.800 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2010 ansteigen. „Überproportional hoch“, sagte gestern IGU-Präsident Luigi Meanti, werde das Wachstum in Asien, im Mittleren Osten und in Lateinamerika ausfallen, die Industrieländer werden dagegen nur etwa 40 Prozent mehr verbrauchen.
Im Jahr 2030 könnte der Weltverbrauch sogar 4.500 Milliarden Kubikmeter erreichen. Das wäre weit mehr, als noch vor drei Jahren angenommen wurde. Trotzdem werden die heute bekannten, nutzbaren Erdgas-Vorräte noch mindestens siebzig Jahre reichen, meint die IGU. Die Erdölvorräte werden früher erschöpft sein. Der wachsende Anteil des Erdgases am weltweiten Energieverbrauch wird außerdem das Klima schonen: Die Umwandlung dieser Ressource in nutzbare Energie setzt weniger Kohlendioxid frei als das Verbrennen von Erdöl oder Kohle. Die Union der Elektrizitätserzeuger und -verteiler Unipede kommt in einer ebenfalls gestern veröffentlichten Studie zum Schluß, daß allein mit moderneren Gas-Dampfkraftwerken der Kohlendioxidausstoß bis zum Jahr 2010 um fünfzehn Produzent gesenkt werden kann. Solche Anlagen könnten nach dieser Studie außerdem den Strom billiger produzieren als neue Kohle- oder Atomkraftwerke. Erdgas werde deshalb an der weltweiten Stromerzeugung stärker beteiligt sein und andere Energieträger verdrängen. In Zahlen rechnet die Unipede damit, daß der Erdgasanteil von heute sieben Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2010 steigen wird. Der Einsatz von Atomenergie wird im selben Zeitraum von 34 Prozent auf 31 Prozent sinken, der Einsatz von Erdöl von heute 10 Prozent auf sieben Prozent. Kohlekraftwerke, die heute noch 27 Prozent des Weltstroms erzeugen, werden nur noch 29 Prozent erreichen.
Der gesamte Energiebedarf der Welt nahm in den letzten drei Jahren um ein Prozent zu, der Verbrauch von Erdgas aber um sechs Prozent. Nach Klaus Liesen, Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas AG, könnte dieser Anteil schon heute höher sein. Die niedrigen Erdölpreise verhinderten jedoch, daß große Erdgasprojekte in Angriff genommen würden. Denn für die Exportländer seien die Erlöse noch zu niedrig. Liesen schlägt vor, den Markt zu teilen. In den privaten Haushalten könne der Gaspreis sich auch weiterhin an den Erdölpreisen orientieren, Betreiber von Gaskraftwerken dagegen könnten schon jetzt mehr bezahlen.nh
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