■ Mit dem Baukonzern Hochtief auf Du und Du: Die Zeit nach Holzmann
Essen/New York (rtr/dpa) Der Hochtief-Baukonzern will die Lehren aus der jüngsten Krise des Konkurrenten Philipp Holzmann ziehen. Routinebauten und der Export von Bauleistungen haben keine Chancen mehr, meinte Vorstandschef Hans-Peter Keitel am Montag in New York. Hochtief werde sich künftig im Baugeschäft auf das Management, die Logistik, das Controlling und die Risikobewältigung konzentrieren. Wie das gehe, zeige die jüngste Neuerwerbung, die amerikanische Turner Corporation. Das Unternehmen wickele pro Jahr über tausend Projekte ab, beschäftige aber nur 3.400 zumeist hochqualifizierte Mitarbeiter.
Hochtief zählt zur Zeit noch etwa 36.000 Mitarbeiter, davon knapp 14.000 in Deutschland. Die will Keitel jedoch nicht entlassen, weil sich Hochtief nicht aus dem klassischen Baugeschäft verabschieden wird.
Hochtief selbst sei durch die Holzmann-Krise in mehrfacher Hinsicht betroffen. Holzmann hat noch eine Schuldverschreibung in Höhe von 83,5 Millionen Euro bei Hochtief offen. Außerdem rechnet Hochtief mit Belastungen aus der Verzögerung bei Gemeinschaftsprojekten mit Holzmann.
Es trifft jedoch keinen Kleinen: Mit einer Bauleistung von mehr als 10 Milliarden Euro (19,6 Milliarden Mark) will Hochtief im kommenden Jahr in die weltweite Spitzenliga der Branche aufsteigen. Die Essener RWE-Tochter rangiert hinter vier japanischen Konkurrenten und dem französischen Baukonzern Bouygues auf dem sechsten Rang.
Nach der Beinahepleite bei Philipp Holzmann hat dessen Vorstandschef Heinrich Binder gestern die Gründung einer Auffangesellschaft für die im Zuge der Sanierung entlassenen Mitarbeiter angekündigt. Vor Weihnachten müsse es aber „nicht notwendigerweise“ Kündigungen geben, sagte er in Bild. Mit dem Verkauf von Tochterfirmen wie Lavis Stahlbau sollten rund 1.800 Holzmann-Mitarbeiter umgehend aus dem Konzern ausscheiden.
Der für die Sanierung des Konzerns vereinbarte Lohnverzicht müsse von der Belegschaft für längere Zeit beibehalten werden. Binder sprach von einem Zeitraum von 18 Monaten bis zu 2 Jahren. Das Sanierungskonzept sieht insgesamt die Streichung von 3.000 Stellen im Konzern vor, weitere knapp 2.000 Stellen dürften beim angekündigten Verkauf unrentabler Beteiligungen ausgegliedert werden.
Persönliche Fehler für das Holzmann-Debakel wollte Binder nicht einräumen. Er selbst sei nicht amtsmüde, sondern wolle „die Sanierung bis Ende 2001 durchziehen“.
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