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Mit dem Amtsschimmel durch die BildungswüsteWenn Spenden, dann Etatkürzung

■ Die taz sprach mit einem ehemaligen Schüler über die Unmöglichkeit, Schulen aus der Misere zu helfen

Eine Woche lang haben Bremens SchülerInnen für eine bessere Schule gestreikt. Sie fordern jüngere Lehrer, aktuellere Schulbücher und bessere Schulräume. Die Schulbehörde versteckt sich vor diesen Forderungen hinter dem großen Finanzloch. Gleichzeitig scheitern aber auch Privat-Initiativen für Schulen. Die taz sprach mit Robert Czichos über ein solches, vorerst gescheitertes, Vorhaben.

taz: Herr Czichos, Sie haben vorgestern am Hermann-Böse-Gymnasium eine Privatinitiative vorgestellt und sind damit böse auf die Nase gefallen. Was war los?

Robert Czichos: Gemeinsam mit einem Freund wollte ich eine Initiative gründen, die wir in den USA an verschiedenen Colleges kennengelernt haben. Da tun sich Ehemalige zusammen und unterstützen ihre Schulen. Ähnliches gibt es auch in England sehr häufig. Von den Ehemaligen-Clubs wird Geld gesammelt, um zum Beispiel die Ausstattung zu verbessern oder Austauschprogramme zu verwirklichen und Stipendien zu vergeben.

Wie soll das funktionieren? In Form eines Vereins?

Richtig. In den USA sind es die sogenannten Alumni-Clubs, in denen sich die Ehemaligen beteiligen können. Im Gegenzug verschickt die Schule Informationen und Neuigkeiten aus dem Schulalltag. Und genau diesen Aspekt wollten wir vor dem Hintergrund der immer schlechteren Ausstattung der Bremer Schulen und fehlender finanzieller Mittel aufgreifen.

Als Sie das dem Schuldirektor vorgestellt haben, sind Sie aber offensichtlich auf gewaltige bürokratische Hindernisse gestoßen.

Der Schulleiter befürchtet, daß bei einer privaten Unterstützung der Schule durch Geld oder Sachspenden die Bildungsbehörde ihr den Etat kürzt. Das will er natürlich vermeiden und das wäre ja auch nicht Sinn und Zweck der Initiative. Er hat sich gefreut, hat aber Angst, daß die Schulbehörde den Spieß umdreht.

Besteht bei Ihrer Initiative nicht die Gefahr einer Elitenbildung – reiche Gymnasien, arme Sekundar-I-Schulen?

Das mag ideologisch betrachtet richtig sein. Aber ich als Einzelperson kann nicht einen Hilfsfonds für alle Bremer Schulen gründen. Ich fühle mich natürlich mit der Schule, auf der ich war, verbunden und möchte für die auch etwas tun. Jedem anderen Privatmenschen steht es frei, für seine Schule einen ähnlichen Verein zu gründen.

Könnte man die bürokratischen Grenzen nicht einfach unbürokratisch sprengen? Statt Geldspenden wird zum Beispiel einfach ein Malermeister bezahlt, der Klassenräume streicht. Das haben Eltern doch auch schon gemacht.

Das ist doch schon Alltag, daß die Schulbehörde sagt, wenn ihr renovierte Klassenräume wollt, macht das selber. Ohne zu fragen, wie das eigentlich versicherungstechnisch aussieht, wenn ein Elternteil von der Leiter fällt und sich ein Bein bricht. Das ist der Verwaltung inzwischen völlig egal. Zu Ihrer Frage: Ich denke, es ist der Schulbehörde egal, was der Club letztendlich finanziert. Es fließt Geld – ob direkt oder in Form von Sachmitteln – und das kann dann vom Schulbudget abgezogen werden.

Wie soll es mit Ihrer Initiative jetzt weitergehen?

Wir haben uns erst einmal mit dem Schulverein zusammengesetzt. Aber die haben ein ähnliches Problem wie wir. Offenbar wird jede Privatinitiative im Zusammenhang mit Schulen von der Behörde sehr kritisch betrachtet. Aber ich denke, wir werden schon noch einen Weg finden, um unsere Vorstellungen durchzusetzen. Wir werden auf keinen Fall aufgeben. Es kann nicht sein, daß so etwas aus ideologischen oder bürokratischen Gesinnungen abgewürgt wird.

Interview: Jens Tittmann

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