Mit Unternehmenskontrolle auf Du und Du: Ungenutzte Chancen
Berlin (taz) – Der Fall Philipp Holzmann ist das nächstliegende Beispiel: Da kann der Vorstand einer Aktiengesellschaft jahrelang Verluste in Milliardenhöhe in den Bilanzen verstecken, bis der Laden pleite ist – und niemand merkt es. Nicht einmal der Aufsichtsrat, der doch laut Aktiengesetz „als Kontrollorgan zur Wahrung der Aktionärsinteressen gegenüber dem Vorstand konzipiert“ ist. Dabei war das Beinahe-Aus für den Baukonzern nur der letzte in einer ganzen Reihe von ähnlichen Skandalen. So ist mit dem Rücktritt des einen Aufsichtsratschefs auch nichts gewonnen – das Problem ist ein strukturelles.
Über die Arbeit deutscher Aufsichtsräte wird denn auch seit Jahren heftig diskutiert. Streitpunkte sind die Anzahl der Mitglieder und der Sitzungen, die Bildung von Ausschüssen, die Informationspolitik des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat sowie beider Organe gegenüber Aktionären, Beschäftigten und Öffentlichkeit.
Bislang letzte Konsequenz war die Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) noch unter der Regierung Kohl, das seit Mai 1998 in Kraft ist. Darin wird die Unternehmensleitung verpflichtet, „ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“. Im Lagebericht muss sie explizit auf die Risiken der künftigen Entwicklung des Unternehmens eingehen, wobei es einem Abschlussprüfer obliegt, festzustellen, ob die Darstellung zutreffend ist. Speziell bei amtlich notierten Aktiengesellschaften hat er zusätzlich zu beurteilen, ob das Risikomanagement funkionstüchtig ist. Der Aufsichtsrat selbst muss häufiger im Jahr zusammenkommen, jedes Mitglied darf zehn Mandate unterschiedlicher Firmen innehaben, wobei ein Vorsitz doppelt angerechnet wird. „Das geht nicht weit genug“, hieß es damals von SPD und Grünen, während Wirtschaftsprüfer von einer „guten gesetzlichen Basis“ sprachen.
Allerdings haben in den beinahe zwei Jahren viel zu wenige Unternehmen die gesetzliche Anforderungen umgesetzt. Bei einer Umfrage der Wirtschaftsprüfer Pricewaterhouse Coopers gab nur jede siebte befragte Firma an, Überwachungssysteme installiert zu haben, ebenso viele erklärten, sie seien „noch in der Planung“. bw
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