■ Mit Sponsor-Millionen auf du und du: Arme sind nicht telegen
Nürnberg (taz) – Mit Tausenden von kostenlosen TV-Werbeeinlagen kann die Aids-Hilfe oder die Stiftung für Mukoviszidose-Kranke nicht glänzen. Auch Arbeitslose sind nicht telegen. Die Sponsoren interessieren sich eher für den Radler Jan Ulrich oder Rennfahrer Michael Schumacher.
Zwischen 1,4 und 1,9 Millarden Mark werden jedes Jahr für das Sponsoring von Sport- und Großereignissen ausgegeben – jährlich werden es sechs bis sieben Prozent mehr. Rund 800 Millionen Mark erhält die Kultur.
Soziales Engagement läßt sich in Deutschland nicht gut vorzeigen. „Mit Sponsoring für die Armen“, so Gerald Hündgen von der Kölner Beratungsgesellschaft „Neues Handeln“ „macht man keine Werbung“. Obwohl noch am Anfang der neunziger Jahre Experten aus Unternehmen und Agenturen ein starkes Wachstum im Sozial- Sponsoring erwarteten, sind die Ausgaben der Unternehmen in den zurückliegenden fünf Jahren um durchschnittlich acht Prozent geschrumpft – zuletzt waren es nur noch 290 Millionen Mark.
Von der Sponsoring-Tradition wie in den USA ist der deutsche Markt noch weit entfernt. In den Vereinigten Staaten ist es üblich, daß Unternehmen die soziale Arbeit in der Stadt unterstützen, in der sie angesiedelt sind. Geld für Krankenhäuser oder Kindergärten gehört ebenso dazu wie die Gewährung freier Tage für Mitarbeiter, wenn sie gemeinnützige Arbeit leisten.
Am ehesten werden noch die deutschen Sparkassen mit ihrer Aktion „Standort: hier“ einem sozialen Anspruch gerecht. Stolz konnte Horst Köhler, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes im September verkünden, daß die deutschen Sparkassen im vergangenen Jahr 126 Millionen Mark für die Förderung sozialer Projekte und Einrichtungen ausgegeben haben – darunter Kindergärten und Jugendbetreuung, Krankenhäuser und Gesundheitsfürsorge, Seniorenarbeit und Begegnungsstätten. So gründete die Sparkasse Leer 1991 eine Sozialstiftung, aus der unverschuldet in Not geratene Personen und Gruppen unterstützt werden. Dafür schüttete sie in den vergangenen Jahren 400.000 Mark aus.
Ob Verkehrserziehung für Kinder (gefördert vom Jugendwerk der Deutschen Shell) oder die Blindenzeitschrift von Stern und Zeit – Möglichkeiten, auch die langfristige Unterstützung sozialer Projekte und Einrichtungen zu realisieren, gibt es genug. Horst Peter Wickel
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