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■ Mit Raumordnungsverfahren auf du und duTransrapides Chaos

Berlin (taz) – Der Aktenberg ist beeindruckend: In Berlin enthalten 21 Ordner Informationen über die verschiedenen Transrapid-Trassen. Die MecklenburgerInnen müssen sich immerhin nur durch 11 Akten quälen, wenn sie sich zum Raumordnungsverfahren äußern wollen. Doch die Masse enthält einen Haufen Ungereimtheiten.

Zum Beispiel der sogenannte Planfall sechs, den die Magnetschnellbahn Planungsgesellschaft (MSPG) als besonders günstig ansieht: Während die Strecke vom Hamburger Hauptbahnhof über Hamburg- Moorfleth, Holthusen bei Schwerin, Berlin-Spandau zum Endbahnhof in der Papestraße in der Anlage 294 Kilometer lang sein soll, ist sie bei der konkreten Beschreibung der Variante plötzlich fünf Kilometer länger.

Ganz abstrus wird es, wenn man die erwarteten Passagierzahlen anschaut. 17,4 Millionen „Beförderungsfälle“ im Jahr erwartet die MSPG, wenn Variante sechs realisiert wird. Sie beruft sich dabei auf ein Gutachten des Münchener Büros Intraplan. Eine so hohe Zahl wurde bisher noch nie genannt. Der Bundesrechnungshof hatte vor einiger Zeit bereits das angenommene Fahrgastaufkommen von 14,5 Millionen in Zweifel gezogen, weil die gestiegenen Fahrpreise nicht einbezogen worden seien. Allein in Schwerin sollen nach Variante sechs täglich 14.710 Leute einsteigen. „Jeder 16. Schweriner müßte also im Jahr 2010 täglich den Transrapid benutzen,“ hat Christian Bartolomäus vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ausgerechnet. In einer anderen Tabelle tauchen denn auch ganz andere Zahlen auf. Bei einem Vergleich von Planfall sechs mit der Nullvariante, bei der der Transrapid nicht gebaut würde, geht die MSPG plötzlich nur noch davon aus, daß Bahn und Transrapid zusammen 9,7 Millionen Personen im Jahr 2010 transportieren würden.

Auch beim Lärm wird offensichtlich geschummelt. Bei einer Geschwindigkeit von 450 Stundenkilometern soll der Transrapid in 25 Meter Abstand noch mit einer Lautstärke von 71,4 dB (A) zu hören sein. Eine Autobahn, auf der 3.000 Wagen in der Stunde vorbeirauschen, sei etwa genau so laut, argumentiert die MSPG. Doch die Transrapidwerte sind auf einen Tagesdurchschnitt umgerechnet, in den auch die Ruhezeiten zwischen zwei Zügen eingehen. Wie aus einer Studie der Technischen Uni Berlin hervorgeht, erzeugt schon ein mit 400 Stundenkilometern vorbeibrausender Transrapid 93,5 dB (A) und ist damit so laut wie ein Preßlufthammer. Annette Jensen

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