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■ Mit Rabatz in Brandenburg auf du und duAm Bahnhof gibt es die neuesten Nachrichten

Brandenburg, 18. März 1848 (taz) – Brave Arbeiter sollen Kollegen, die Unruhe stiften, gleich selber verhaften: Den frommen Wunsch ließ der Brandenburger Bürgermeister Franz Ziegler heute in ein Extrablatt setzen. Dennoch ziehen wieder Hunderte von Textilarbeitern durch die Straßen und fordern mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten. Vor dem Haus des Unternehmers Dähne rotten sie sich zusammen, trommeln auf Töpfen und brüllen: „Herrengezücht, Blutsauger.“ Vom Scheibeneinschlagen und Feuerlegen ist nur die Rede.

In Brandenburg lebt fast jeder dritte der 18.000 Einwohner von der Textilindustrie, allein die Seidenwirkerei Meyer und Co. hat 800 Beschäftigte. In den vergangenen Jahren wurden viele Betriebe aus Berlin hierher verlegt: In der Provinz sind die Arbeiter billiger. Die geben zwei Drittel ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus – Kartoffeln vor allem. Aufgrund von Mißernten ist deren Preis seit 1844 um 135 Prozent gestiegen, die Löhne blieben unverändert. Viele sind deshalb auf öffentliche Fürsorge angewiesen.

In den letzten zehn Jahren wurde der Sozialhaushalt der Stadt verdreifacht. Für Bürgermeister Franz Ziegler ein Grund, stolz zu sein: Immerhin hat er gegen heftige Widerstände durchgesetzt, daß Einkommen progressiv besteuert werden, damit die Armenkasse aufgefüllt werden kann.

Der Mann kann mehr, als in Extrablättern Denunzianten werben, aber lösen kann er die Probleme der Textilarbeiter nicht. Und Nachrichten von Unruhen in Berlin, Baden und dem Rheinland fallen hier in Brandenburg auf fruchtbaren Boden. Die Stadt liegt an der Eisenbahnlinie Magdeburg–Berlin. Dutzende von Bürgern passen am Bahnsteig jeden Zug ab und lassen sich aus den Waggons die letzten Nachrichten zurufen. So weiß man auch in Brandenburg an der Havel Bescheid. Gestern sind sogar ein paar junge Leute in einen Zug nach Berlin eingestiegen. Dort werde heute was passieren, hatten ihnen Passanten prophezeit.

Gerüchte über bevorstehende Entlassungen nähren die Unruhe noch. Die Textilfabriken sind vom Export abhängig, aber in Frankreich, Baden, Österreich, überall ist Revolution. „Die Ereignisse treffen keinen Ort so hart als den hiesigen“, schreibt der Bürgermeister an den preußischen Kriegsminister Ferdinand von Rohr. Von dem will er keine Truppen gegen die Arbeiter – er bittet um Armeeaufträge, damit die Leute zu tun haben und ruhig sind. Stephan Zimmermann

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