■ Mit Pleiten auf du und du: Rekord angepeilt
Wiesbaden/Berlin (dpa/taz) Die Pleitenwelle in Deutschland hat sich weiter abgeschwächt. Der seit Jahresmitte 1998 beobachtete Rückgang der Insolvenzzahlen hat sich im November fortgesetzt. Zwar gingen immer noch 2.557 Geschäftsführer oder Unternehmensbesitzer zum Konkursrichter, aber das waren 6,8 Prozent weniger als im Oktober. Trotzdem rechnet das Statistische Bundesamt damit, daß 1998 der Vorjahresrekord (33.398 Fälle im Jahr 1997) erneut übertroffen wird.
Die Amtsgerichte hätten offenbar im Dezember viele Altfälle abgeschlossen, bevor im Januar 1999 das neue Insolvenzrecht startete, berichtete ein Sprecher des Statistischen Bundesamts gestern. Deshalb werde die Zahl der Pleiten im letzten Monat des Jahres wahrscheinlich steil ansteigen.
Von Januar bis November 1998 lag die Zahl der zahlungsunfähigen Personen und Firmen mit 30.785 nur noch um 0,6 Prozent über dem Stand der ersten elf Monate im Jahr 1997. Davon waren 25.224 Unternehmen (plus 0,2 Prozent) betroffen. Die Entwicklung in Westdeutschland verlief etwas günstiger. Hier ergab sich im Elf-Monats- Zeitraum bereits ein Rückgang um 0,5 Prozent auf 22.039 Fälle. In Ostdeutschland und Ostberlin lag die Pleitenzahl aber noch mit 8.746 Fällen um 3,3 Prozent über dem Vorjahr.
Wie schon im Vorjahr sind hauptsächlich Unternehmen aus der Baubranche und Dienstleister pleite gegangen. Die Gründe für dafür sind vielfältig. Die schlechte konjunkturelle Lage und wegbrechende Märkte in den kriselnden Schwellenländern erklären die seit Anfang der neunziger Jahre ansteigenden Insolvenzen nur zum Teil. Während in Ostdeutschland vor allem eine schlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber die Unternehmen in die Pleite treibt, sind die Unternehmen in Ost und West mit zuwenig Eigenkapital ausgerüstet. Das gilt vor allem für junge Unternehmen.
„In der Wachstumsphase eines Unternehmens mangelt es in der Regel an finanziellen Reserven zur Kompensation möglicher Management-Fehler“, schreibt die Wirtschaftsinformationsagentur Dun & Bradstreet. So kämen 1997 auf 10 Unternehmen, die älter als acht Jahre waren, 25 Pleiten jüngerer Unternehmen. Nach einer Untersuchung der Europäischen Union sind kleine und mittelständische Unternehmen besonders anfällig für Pleiten. Das liege auch an mangelnder unternehmerischer Kompetenz der Unternehmenslenker. Deutschland führt übrigens die Pleitenstatistik in der EU an.
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