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Mit Plastikmüll ins Guinness­buchLibanons Kunstwerke aus Altplastik

Caroline Shabtini sammelt alte Flaschen und gestaltet daraus Skulpturen. Was ihre Arbeit möglich macht? Die Hilfe anderer Frauen – und ihrer Tochter.

Für manche Abfall, für manche Rohstoff für Kunst: Alte Plastikflaschen Foto: Illustration: Lena Merhej

Eines Tages traf Caroline Shabtini eine Entscheidung: Die Massen an Plastik, die die Strände, die Berge und die Straßen des Libanons vermüllen, wollte sie nicht mehr einfach hinnehmen.

„Ich fing an, leere Wasserflaschen zu sammeln, eigentlich um sie wiederzuverwenden. Da hatte ich die Idee, einen Weihnachtsbaum aus den Flaschen zu basteln. Also habe ich immer mehr davon gesammelt, bei anderen Haushalten, sogar bei Firmen nachgefragt.“

Ihre Tochter Sophie habe ihr geholfen, in den sozialen Medien Aufmerksamkeit für ihr Projekt zu generieren, erzählt die alleinerziehende Mutter.

Ihr Umfeld habe sich erst über sie lustig gemacht, sagt sie: „Sie haben mich Abu Ibrahim genannt, ein Klischeename für Müllsammler.“ Doch die fiesen Kommentare hätten sie erst recht angetrieben. Mit ihrem ersten Christbaum aus Plastikflaschen, aufgebaut in der Kleinstadt Chekka im Nordlibanon, kam sie gleich ins Guinnessbuch der Rekorde, für den höchsten aus Plastikflaschen gebauten Christbaum der Welt – 29 Meter hoch und über 120.000 Flaschen.

Das nächste Projekt: Eine Schildkröte aus alten Flaschen

2020 gewann Shabtini ihren zweiten Guinness-World-Records-Preis, als sie für den muslimischen Fastenmonat Ramadan einen Halbmond aus Flaschenverschlüssen gestaltete. Was ihr half, das zu erreichen, betont Shabatini ganz deutlich: die Solidarität anderer Frauen und vor allem ihrer Freundin Mary, auf deren Grundstück sie den Halbmond gestalten durfte.

Nach der Explosion im Beiruter Hafen im Jahr 2020, bei der über 7.000 Menschen verletzt wurden und mehr als 200 starben, gestaltete sie die Flagge des Libanons aus Flaschenverschlüssen – ebenfalls ein Größenrekord. Als erste arabische Frau hatte sie damit gleich drei Guinness-World-Rekorde hintereinander eingesammelt.

Ihr bisher größtes Projekt: Im April 2022 gestaltet sie den größten Globus der Welt aus gesammeltem Plastik: 10 Meter Durchmesser und mit den Flaggen von 63 Ländern verziert – als Dankeschön an medizinisches Personal im Rahmen der Coronapandemie. Gerade arbeitet sie an einem Modell einer Meeresschildkröte in der bei Kurzurlaubern beliebten Kleinstadt Amchit im Nordlibanon. Ihre Geschichte ist nicht nur eine Inspiration für den Kampf gegen den Müll, sondern auch für die Stärke geschiedener und alleinerziehender Frauen – bis ins Guinnesbuch der Weltrekorde.

Fadia Jomaa, Beirut, Libanon

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