■ Mit Naturausverkauf auf du und du: Versprechen gebrochen
Berlin (taz) – Der Kanzler hatte gesprochen, dachten die Naturschützer. Helmut Kohl hatte dem Naturschutzbund (Nabu) am 1. April versichert, beim Verkauf von Naturschutzflächen werde die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) „größte Zurückhaltung“ üben. „Dies bedeutet“, schrieb das Kanzleramt, „daß Flächen, die in Nationalparks und Naturschutzgebieten Ostdeutschlands liegen, an Privatpersonen grundsätzlich nicht verkauft werden.“ Doch wenig später meldete die BVVG: Der Verkauf geht weiter, Ausnahmen gebe es nur für Flächen, die die Länder von der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung ausgenommen haben. Das aber sind wenige.
Nach Recherchen des Nabu stehen mehrere Filetstücke auf der Verkaufsliste: Das Biospährenreservat Schorfheide, die Naturschutzgebiete Lindholz, (Brandenburg) und Bachtäler des Lappwaldes (Sachsen-Anhalt) sowie die Rüdingsdorfer Schweiz (Thüringen). Andere sind bereits privatisiert worden. Alteigentümer und Pächter bezahlen den halben Verkehrswert, Naturschutverbände den vollen Preis. Der Nabu hat dafür diese Woche eine Stiftung gegründet.
Der Forstbereichsleiter der BVVG, Herbert Wötzel, betont, keines der Gebiete sei ohne Abstimmung mit den Ländern ausgeschrieben worden, sein Haus sei sogar bereit, über Ratenzahlung zu diskutieren. Es sei allerdings Sache der Länder, ihre Naturschutzgebiete auszuweisen und die Art der Nutzung festzuschreiben. Ein Machtwort zur Beendigung der Verkäufe müsse vom BVVG- Dienstherren, dem Bundesfinanzminister, kommen.
Insgesamt hat die Behörde von 620.000 Hektar ostdeutschen Forstes inzwischen 180.000 Hektar verkauft – zu einem Durchschnittspreis von 1.800 Mark. 13.000 Hektar gingen an Länder oder Umweltstiftungen zu „Naturschutzzwecken“. Eine Erhebung über die bereits privatisierten Naturschutzflächen hat die BVVG nicht. Ihr sitzt andererseits der Verwertungsdruck im Nacken: Pro Jahr fordert jeder Hektar 240 Mark Erhaltungskosten. bpo
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