■ Mit Lkw-Blockaden auf du und du: Juristisches Neuland
Freiburg (taz) – Das ist die Kehrseite der Globalisierung. Wegen der Brummi-Streiks in Frankreich und Dänemark droht bei VW jetzt Kurzarbeit, Ford mußte seine „Just in time“-Logistik auf Luftfracht umstellen. Und vielen Speditionen, deren Fernfahrer sich in ausländischer „Geiselhaft“ befinden, droht der Konkurs. „Was tun?“ fragen sich jetzt die Opfer.
Verkehrsminister Matthias Wissmann hat erst einmal den diplomatischen Weg beschritten. „Ohne sich in die inneren Angelegenheiten einmischen zu wollen“, bat Wissmann seine französischen und dänischen Kollegen um freies Geleit für deutsche Fernfahrer. Inzwischen werden im Verkehrsministerium aber auch juristische Optionen geprüft. Die Materie ist verzwickt. Zwar dürften die Straßenblockaden nach französischem oder dänischem Recht sicher rechtswidrig sein, da sie weit über einen üblichen Arbeitskampf hinausgehen. Europarechtlich läßt sich aber wohl wenig machen, denn vor den Brummi-Blockaden sind alle gleich: Einheimische Lkws kommen genausowenig durch wie ausländische. Auch die Polizei macht keine Unterschiede. In Dänemark verteilt sie Knöllchen wegen Falschparkens, in Frankreich schaut sie einfach zu. Effektive Hilfe gibt es weder für einheimische noch für ausländische Geisel-Brummis.
Deshalb liegt auch keine gezielte Behinderung des „grenzüberschreitenden“ Warenverkehrs vor. Eine Klage der Bundesregierung gegen Frankreich hätte beim Europäischen Gerichtshof also wohl keine Aussicht auf Erfolg.
Bleibt der Weg über französische Gerichte. Auch ausländische Unternehmen können dort auf polizeiliche Befreiung ihrer Mitarbeiter und auf Schadensersatz klagen. Die Erfolgsaussichten sind jedoch nicht allzu groß. Zwar hätte der französische Staat durchaus die Mittel, die Blockaden aufzulösen – Premierminister Juppé könnte sogar die Armee einsetzen – nur ist der Einfluß französischer Verwaltungsgerichte auf die Exekutive weitaus geringer als in Deutschland. Wie der Konflikt weitergeht, ist also vor allem eine Frage der französischen Innenpolitik. Christian Rath
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