■ Mit James Tobin auf du und du: Spekulanten zur Kasse
Bonn (taz) – Womöglich würde niemand den Vorschlag ernst nehmen, käme er nicht von einem Wirtschaftsnobelpreisträger. James Tobin, der den Preis 1981 erhielt, will Spekulanten zur Kasse bitten. Schätzungsweise eine Billion Dollar bewegen sich jeden Tag ungehindert über nationale Grenzen hinweg. Darauf will Tobin eine Steuer erheben.
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) griff die Idee im Vorfeld des Weltsozialgipfels begeistert auf. Schon ein Steuersatz von nur 0,05 Prozent erbrächte 180 Milliarden Dollar im Jahr. Mit dem Geld solle ein globaler Sozialfonds eingerichtet werden, aus dem die Hilfe für Flüchtlinge und die Bekämpfung des Drogenhandels, der Kampf gegen übertragbare Krankheiten und Katastrophenhilfe finanziert werden könnten.
Tobin allerdings hatte ursprünglich andere Ziele im Sinn. Die überbordende Devisenspekulation hat nämlich längst jeden Bezug zur realen Wirtschaft verloren. Der Wert der Güter, die über die Grenzen gehandelt werden, beträgt etwa nur ein Prozent der Devisentransaktionen. Die pure Spekulation aber – das Ausnutzen von winzigen Kursdifferenzen oder das Ausprobieren, wie weit man etwa den mexikanischen Peso drücken kann – trägt wenig bei zu einer vernünftigen Verteilung von finanziellen Ressourcen.
Wird aber jedesmal eine Steuer fällig, wenn ein Dollar oder ein Yen per Computerleitung eine Grenze überquert, wird es sich ein Spekulant schon überlegen, ob diese Transaktion sinnvoll ist. Rein spekulative, kurzfristige Kapitalbewegungen würden dadurch zumindest verringert, während seriöse längerfristige Kapitalanlagen und Handelsströme kaum behindert würden.
Lassen sich also durch diese internationale Steuer übermäßige Spekulation und die Knappheit an Mitteln für soziale Zwecke zugleich bekämpfen? Womöglich nicht. Denn wenn eine hoch angesetzte Steuer ihren von Tobin erstrebten Zweck erfüllt, dann fließt nicht mehr viel Geld an den Sozialfonds. Wenn die Steuer aber, wie das UNDP vorschlägt, bei kaum spürbaren 0,05 Prozent liegt, dann dient sie wiederum nicht als Disziplinierungsinstrument.
Die Hoffnungen, die Tobin- Steuer auf dem Sozialgipfel im März durchzusetzen, sind minimal, denn internationale Steuern tauchen in der Tagesordnung nicht auf. Und schließlich schaffen es selbst die 15 EU- Staaten nicht, sich auf eine einheitliche Kapitalsteuer zu einigen. Wie sollen sich da mehr als zehn Mal so viele Staaten einigen? Nicola Liebert
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