: Mit Giulia auf Erfolgskurs
■ Nein, diese Memminger: Tankwart bastelte sich ein Rennauto
Memmingen (taz) – Sie ist knallrot, dazu noch ein bisschen weiß und grün – trägt also die italienischen Nationalfarben. Ihr Besitzer ist allerdings kein Italiener, sondern ein deutscher Tankwart, der seit seiner Jugend von einem Auto schwärmt: von der Giulia von Alfa Romeo. Seit einigen Jahren hat der Automechaniker und Tankwart Erwin Brataschovsky, der sich selbst als „Schrauber“ bezeichnet, seine eigene Giulia, mit der er richtige Autorennen fährt. Er hat inzwischen seine Runden auf dem Hockenheimring, auf dem Nürburgring, in Spa (Belgien) und Mugello bei Trient gedreht. Und er hat es ausgesprochen erfolgreich getan. Seit vielen Jahren ist der Tankwart und Mechaniker ein leidenschaftlicher Alfa-Fan. Doch erst seit fünf Jahren hat er sein eigenes Traumauto. „Ich war mit meiner Familie in Italien im Urlaub, und da habe ich eine Giulia gesehen. Da ist dann die alte Liebe wieder so richtig erwacht.“ Fortan gab es nur eine Frage: Wie bekomme ich die Giulia nach Memmingen? Der erste Schritt war an sich ganz einfach. Brataschovsky musste eine Menge Papierkram erledigen, mit dem Hänger runterfahren und das Traumauto heimholen.
Dann wurde monatelang in jeder freien Minute geschweißt und geschraubt – bis schließlich das Auto neu lackiert da stand und vom Herrn Tankwart frohgemut zu Oldtimertreffen in Deutschland und Italien kutschiert wurde. Der ganz große Traum, von dem der Familienvater und einstige Slalomfahrer lange Zeit gar nicht zu sprechen wagte, war damit freilich noch nicht erfüllt. Denn da sah sich Erwin Brataschovsky im Cockpit einer Renn-Giulia in den italienischen Nationalfarben sitzen und an einem „Scuderia-Alfa-Classico-Rennen“ teilnehmen. Warum gerade dieses Auto? „Das ist einfach ein ganz besonderes Feeling. Ich kann's nicht erklären!“
Vor zwei Jahren – Mechanikerfreund Arnulf Schäffler hatte ihm seine Unterstützung versprochen – wurde dann der neue „Rennstall“ geboren. „Brati-Tuning“ – kein Mensch in Memmingen, geschweige denn außerhalb, ahnte, was in der kleinen Werkstatt in der Bodenseestraße geschah. „Rund 1.500 bis 2.000 Stunden haben wir geschafft, in jeder freien Minute, nach Feierabend, am Samstag, ja sogar an den Sonntagvormittagen.“
Im vergangenen Herbst war dann die rote Giulia fertig. Mit breiten „Rennschlappen“, mit Überrollbügeln, mit Feuerlöschanlage neben dem Schalensitz im Cockpit. Erwin Brataschovsky hat inzwischen an fünf Rennen teilgenommen, darunter waren so berühmte Strecken wie der Nürburg- und der Hockenheimring. Viermal war er unter den ersten fünf, einmal wurde er nur Sechster. „Das war in Spa. Da hab ich einen Einsteigerfehler gemacht. Ich war auf der vierten Position, als mir 300 Meter vor dem Ziel das Benzin ausgegangen ist. So bin ich eben nur Sechster geworden.“ Der größte Erfolg bislang war ein dritter Platz auf dem Hockenheimring.
Eine bemerkenswerte Leistung, wenn man bedenkt, dass bei den Classico-Rennen doch immer rund dreißig Fahrzeuge an den Start gehen und Erwin Brataschovsky und sein Kollege keine Sponsoren haben, sie deshalb auch mit der Motorleistung nicht ans Limit gehen können, weil ein Versagen für sie einfach viel weitreichendere Folgen haben würde als für andere Fahrer. Most in Tschechien, Oscherleben und der Nürburgring stehen noch auf dem Programm. Seine Frau, die immer wieder zittert, ob ihr Tankwart auch wieder heil nach Hause kommt, sagt, an sich sei das schon okay. Er brauche das eben als Ausgleich. Klaus Wittmann
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