■ Mit Geld und Zins auf du und du: Keine Angst vorm Euro
„Der Euro kommt, alles wird besser.“ – „Stoppt den Euro, es wird noch schlechter.“ Talkshows und Diskussionen ohne Ende nach dem Motto „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist...“ Sicher ist nur eins: Das Leben wird immer teurer. Das Leben an sich, alles was lebendig ist. Von der Wiege bis zur Bare: können wir nicht mehr bezahlen. Egal ob Kinderaufziehen, Medizin oder alte Leute. Weg mit all jenen, die überflüssig sind, den Nichtproduktiven. Gebt ihnen kein Geld mehr. Das ist der Trend mit oder ohne Euro. Solange sich die Pro-Contra-Diskussionen auf der Oberfläche bewegen, hinterlassen sie nur Verwirrung und das Gefühl der Ohnmacht. Zurück zu den Wurzeln. Hier ist die Frage: „Was ist Geld?“ schon der erste Schritt zu mehr Klarheit.
In seiner einfachsten, ursprünglichsten Funktion ist Geld eine Quittung für eine beliebige Arbeitsleistung. Deshalb kann es jede Form annehmen. Auch virtuell, elektronisch. Die Absprache lautet: Alle verwenden dieselben Quittungsformulare. Das sind dann die Geldscheine, also die Quittungen für alle Arbeitsleistungen. Die Scheine gehören allen gemeinsam, die an dem System teilnehmen, sie sind öffentlich und an sich ohne Wert. Das ist aber in der Realität nicht der Fall. Seit biblischen Zeiten schon. Ein Gemeingut wurde privatisiert.
Zunehmend verliert der Staat Einfluß auf das Geldwesen zugunsten der Banken. Das ist durchaus zu vergleichen mit der Privatisierung von Genen oder von Grund und Boden. Wenn Geld auch kein Naturgut ist. Die Gene, die Erdoberfläche. Wem gehört das? Allen!
Nach dem Privatisieren, dem Fehler Nr. 1, kommt Fehler Nr. 2: Geld kann verkauft werden wie eine Ware. Die Bank verkauft die Geldquittungen. Der Preis wird Zins genannt. Hier entsteht Geld ohne irgendeine Arbeitsleistung. Geld darf nicht durch Geld entstehen, wußte schon Aristoteles.
Viele meinen, der Zins wäre eine Verleihgebühr. Berlin zahlt dafür täglich zirka 12 Millionen Mark Gebühren, für den Bund jede fünfte Steuermark, die hier privatisiert wird. Alles mit steigender Tendenz. Eine Umverteilung auf der Geldebene in riesigem Ausmaß von unten nach oben mit den entsprechenden Folgen: keine öffentlichen Gelder mehr da, schleichende Geldentwertung und Zwang zum Wirtschaftswachstum. Da gibt's keine Aussicht auf Besserung.
Einen kleinen Vorteil hat der Euro vielleicht doch: Er wirkt nationalen Bestrebungen ein wenig entgegen und kann als Aufforderung verstanden werden zu mehr Kooperation unter den Betroffenen. Das sind im Prinzip alle, deren einziges Kapital ihre Arbeitskraft ist. Nicht Umverteilung und Ökosteuer sind in dem Zusammenhang die Forderungen, sondern: Keine Privatisierung von Gemeingut. Demokratisierung des Geldwesens. Abschaffen des Zinses und schließlich Erwerb von Grund und Boden durch Pacht und nicht durch Kauf. Johann von Rauch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen