Mit Furz-Handel auf Du und Du: Teure Kuhrestluft
Stockholm (taz) – Kühe spielen in Theorie und Praxis des Treibhauseffekts eine nicht zu unterschätzende Rolle. Von Magen, Darm und dem, was danach hinten rausplatscht, wird Methangas abgesondert, welches sein Teil zur Erwärmung des Globus beiträgt.
Methangas ist nicht nur irgendein, sondern ein sehr kraftvolles Treibhausgas. So bedeuten ein Kilo Kuhrestluft den gleichen Effekt für das Klima wie 21 Kilo Kohlendioxid. Umgerechnet auf so genannte Kohlendioxidäquivalente ist jede Kuh damit für ganze 3.360 Kilo im Jahr gut. Das hat ein hoher schwedischer Beamter, Kjell Jansson, im Auftrag seiner Regierung ausgerechnet. In Stockholm erhofft man sich von Janssons Rapport eine bessere Faktengrundlage, wenn es bei der nächsten Klimakonferenz wieder um die Frage eines solchen Handels mit Treibhausgasquoten geht.
Kjell Jansson hat sich umfassend ans Werk gemacht und ist nach Schornsteinen und Auspuffrohren nun auch bei den hinteren Öffnungen der Kühe gelandet. Je mehr unterschiedliche Quellen, aus denen die Treibhausgase entweichen, so die Idee hinter der ganzen Geschichte, desto umfassender und effektiver kann ein Handel damit sein. Denn warum soll man nur mit Kohlendioxidquoten handeln dürfen und nicht auch mit Methangasquoten? Etwas vereinfacht ausgedrückt, soll jeder der 15.000 schwedischen Bauernhöfe mit Kuhbestand in Zukunft Quoten für die Methangasproduktion des lieben Viehs kaufen müssen.
Kleines Rechenbeispiel: Kleinbauer Lars mit seinen 25 Milchkühen ist verantwortlich für eine jährliche Methangasproduktion von 84.000 Kilo Kohlendioxidäquivalenten. Bei Großbauer Pelle mit 49 Kühen sind es schon knapp 165.000 Kilo. Legt man als Preis für ein Kilo solch schlechter Kuhluft 5 Pfennig zugrunde, rechnet Kjell Jansson, bedeutet das etwa 4.200 Mark für Bauer Lars und 8.250 Mark für Bauer Pelle.
Steigt Bauer Lars wegen dieses neuen Schlags der Bürokratie endgültig aus der Milchproduktion aus, kann er seine Methangasquote an den Höchstbietenden verkaufen. Bauer Pelle könnte seine Quote beispielsweise dadurch senken, dass er die Methangasproduktion seiner Kühe senkt. Beispielsweise durch weniger blähendes Futter.
Ob das Ganze nur etwas kosten oder tatsächlich auch etwas bringen wird, ist dem Verfasser des Rapports noch nicht klar. Optmistisch weist er aber auf die bereits vorhandene Statistik in Form der EU-Milchquoten hin. Mit diesen könnte es nicht allzu aufwendig sein, sich auch auf ein Kuhabluftquotensystem hochzurechnen. Der Rapport soll der schwedischen Regierung nach der bisherigen Planung im März vorgelegt werden. Nein, nicht am 1. April.
Reinhard Wolff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen