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Mit Finnen-Power zum Stanley-Cup

■ Die glanzvolle Wiedergeburt der Edmonton Oilers

P R E S S - S C H L A G Das Höchste, was es im Eishockey zu gewinnen gibt, ist mitnichten die Weltmeisterschaft. Es ist der Titel der nordamerikanischen Profiliga NHL - der Stanley Cup. Eine bittere Erfahrung, die vor einigen Wochen auch die finnische Nationalmannschaft machen mußte. Denn während sie beim Weltturnier in der Schweiz in der Mittelmässigkeit versackte, trugen die beiden besten eishockeyspielenden Finnen der Welt brav ihr Scherflein zum Stanley-Cup-Triumph der Edmonton Oilers, die die Bostons Bruins in der Finalserie mit 4:1 Siegen bezwangen, bei.

Esa Tikkanen und Jari Kurri waren die Garanten jener beiden hochwichtigen Erfolge in Boston, die die Oilers mit 2:0 in Führung brachten. Zum Auftakt gewann Edmonton in der dritten Verlängerung durch ein Tor von Klima mit 3:2, und Craig Janney, der Spielmacher der Bruins, war danach so fertig, daß er am nächsten Morgen zur physischen Regeneration ein Krankenhaus aufsuchen mußte. Resultat der Sonderbewachung durch Esa Tikkanen. „Ich habe den ganzen Abend lang keinen Puck berührt“, jammerte Janney, „jedesmal, wenn ich mich umdrehte, sah ich Tikkanens Gesicht vor mir.“ Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, dachte sich der Finne und bemerkte, Janney brauche sich keine Sorgen zu machen: „Ich putze mir jeden Tag die Zähne.“

Die Zähne seien wahrscheinlich das einzig Saubere an Tikkanen, höhnte die 'New York Times‘ daraufhin, ansonsten gebrauche er seinen Schläger wie „ein überdimensionales Skalpell“, halte, boxe, schubse, provoziere und schütte überdies permanent Beleidigungen und Obszönitäten über seinen Gegner aus.

Den Finnen, der auch schon den großen Wayne Gretzky zur Bedeutungslosigkeit verurteilt hatte, als die Oilers dessen Los Angeles Kings aus dem Cup warfen, lassen die Anwürfe kalt: „Liebe mich, hasse mich, mir ist es gleich.“ Fakt war, daß ohne Janneys Spielkunst auch Bostons Torjäger Cam Neely, der während der Saison 55mal getroffen hatte, lahmgelegt war. Ihm gelang in den Finalspielen kein einziger Treffer.

Den entscheidenden Paß zu Klimas 3:2 gab der andere Finne, Jari Kurri, dessen große Stunde jedoch erst beim rauschenden 7:2 in der zweiten Partie kam. Mit einem lupenreinen Hattrick und zwei Vorlagen sammelte er fünf Skorerpunkte, eine Leistung, die in einem Finale zum letztenmal Toe Blake aus Montreal im Jahre 1944 gelungen war. Außerdem übertraf er mit seinem 90. Playoff-Tor Wayne Gretzkys bisherigen Rekord um einen Treffer. „Jari war einfach unfaßbar, er machte alles richtig“, freute sich Edmontons Coach John Muckler nach dem Spiel.

Ein weiterer Rekord fiel beim dritten Spiel in Edmonton. Bostons Jüngling John Byce, der vorher wochenlang nicht aufgestellt worden war, brachte die Bruins, die das überragende Team der Vorrunde gewesen waren, nach zehn Sekunden mit dem schnellsten Tor der Finalgeschichte in Führung. Boston gewann 2:1, doch auch dieser Ausrutscher konnte die Oilers nicht mehr aus der Ruhe bringen. Spiel vier sah die Auferstehung des bis dahin schwachen Mark Messier, der mit drei Vorlagen den Grundstein zum 5:1-Sieg legte, und im letzten Spiel wurde der Sack endgültig zugemacht. Das 4:1 in Boston brachte den Edmonton Oilers den Stanley-Cup.

Danach hatte es noch vor wenigen Monaten absolut nicht ausgegehen. Nachdem Edmontons „Sonne auf Kufen“ vor zwei Jahren in Los Angeles untergegangen war, Wayne Gretzky bei den Kings angeheuert hatte, mußte das Team eine arge Durststrecke durchmachen. Noch im November hatten die Oilers in ihrer Division den letzen Platz belegt. „Es war psychologisch schwierig, unseren Spielern klarzumachen, daß sie auch ohne Wayne gutes Eishockey spielen können“, sagt Manager Glen Sather. Doch die Trauerzeit endete gerade noch zur rechten Zeit und im Viertelfinale gegen Gretzkys Kings wurde der Schatten der Vergangenheit endgültig abgeschüttelt. „Es ist traurig, daß ich nicht dabei sein kann“, sagte Wayne Gretzky in alter Verbundenheit, während Edmonton in einem Taumel der Euphorie überschwappte, „aber ich freue mich für die Jungs.“

Matti

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