■ Mit Elektrosmogschutz auf du und du: Trafohäuschen bleibt
Freiburg (taz) – Beim strittigen Thema Auswirkungen von Elektrosmog dürfen sich die bundesdeutschen Gerichte darauf beschränken, nur gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse heranzuziehen.
Dies entschied jetzt eine mit drei RichterInnen besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts. In dem gestern bekanntgemachten Beschluß lehnten die RichterInnen die Verfassungsbeschwerde eines Ehepaars aus Rheinland-Pfalz gegen eine neben ihrem Wohnhaus entstehende Trafostation ab.
Das Ehepaar hatte sich zuerst vor den Zivilgerichten gegen das Trafohäuschen gewehrt. Letztlich entschied jedoch das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, daß den beunruhigten Nachbarn durch die Trafostation nur eine „unwesentliche Beeinträchtigung“ drohe. Die zu erwartende Stärke des Magnetfeldes, ausgedrückt in Mikrotesla, von 0,8 bis 4,3, liege weit unter den Grenzwerten der Strahlenschutzkommission, die als Richtwert 100 Mikrotesla empfehle.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichts hat das OLG nicht das Grundrecht des Ehepaars auf körperliche Unversehrtheit verletzt. So sei schon fraglich, ob eine staatliche Schutzpflicht nicht erst bei viel stärkeren Einwirkungen entstehe. Jedenfalls aber sei der Staat bei der Wahl der Mittel, wie er konkret seiner Schutzpflicht nachkomme, weitgehend frei. Nur völlig unzulängliche Maßnahmen könnten vom Verfassungsgericht korrigiert werden.
Das Pfälzer Ehepaar hatte vor allem kritisiert, daß das Oberlandesgericht Koblenz ein damals neues Gutachten des amerikanischen Nationalen Rats für Strahlenschutz (NCRP) ignoriert hatte. Dort war ein deutlich niedrigerer Richtwert von 0,2 Mikrotesla gefordert worden.
Hierzu erklärte Karlsruhe in seiner Feststellung: „Die Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit, die alle staatlichen Organe bindet, verlangt von den allgemein zuständigen Gerichten nicht, daß sie nicht verifizierte und teils widersprüchliche Befunde bestätigen und so mit den Mitteln des Prozeßrechts zur Durchsetzung verhelfen.“
Das Oberlandesgericht Koblenz durfte auf die Einschätzung der deutschen Strahlenschutzkommission vertrauen, die die amerikanische Studie als „nicht verifiziert“ bewertet hatte.
Der hohe Richtwert der deutschen StrahlenschützerInnen ist inzwischen auch in die seit Jahreswechsel geltende Elektrosmogverordnung von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) eingeflossen. (Az: 1 BvR 1658/96) Christian Rath
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