Missbrauchs-Vorwurf: Ex-Heimkind in Haft
Zwei Teenager sollen eine 23-Jährige sexuell genötigt haben. Der eine war auf Wochenendurlaub von einem geschlossenen Heim, der andere bis August dort
Die Ankündigung des SPD-Sozialsenators Detlef Scheele, ein eigenes geschlossenes Heim zu schaffen, kam am Donnerstag für viele Beobachter überraschend, wurde doch gerade noch mit Trägern über Alternativen verhandelt. Am Freitag veröffentlichen nun Bild und Morgenpost ein tragisches Ereignis, dass die öffentliche Meinung beeinflussen könnte. Zwei Jungen, ein 13-Jähriger und ein 17-Jähriger, stehen unter Verdacht, am Abend des 3. November eine junge Frau niedergerissen und sexuell genötigt zu haben. Die beiden seien am 8. November gefasst worden und hätten „den Vorwurf im Wesentlichen eingeräumt“, sagt Staatsanwältin Nana Frombach.
Laut Morgenpost soll der 13-Jährige eingeräumt haben, bei der Tat dabei gewesen zu sein, den Überfall habe aber sein Freund begangen. Der 17-Jährige wiederum soll den Jüngeren beschuldigen, der Haupttäter zu sein. Ebenfalls wussten die Zeitungen zu berichten, dass die beiden Jungen bis vor Kurzem in der Haasenburg lebten. Das bestätigt auch die Sozialbehörde. Der 17-Jährige sei „einer der drei Jugendlichen, die im Sommer nach ihrer Flucht aus der Haasenburg die Schlagzeilen bestimmt hatten“, schreibt die Nachrichtenagentur dpa. Er lebt seit August wieder in Hamburg und wurde ambulant betreut. Nun ist er in Haft.
Über den 13-Jährigen hatte die Morgenpost erst vor einer Woche berichtet, weil er gedroht habe, Tabletten zu nehmen, und nicht nach Brandenburg zurück wollte. Er ist laut Behörde beim Jugendnotdienst untergebracht. Die Frage, wie lange er in dem Heim lebte, konnte die Behörde nicht beantworten. Laut einer Senatsauskunft von Dezember 2012 war damals dort ein zwölfjähriges Kind aus Hamburg.
Nach der Tat veröffentlichte die Polizei einen Zeugenaufruf. Gesucht wurden zwei 20-jährige, etwa 1,80 Meter große Männer. Die Information, dass es sich um ein Kind und einen Jugendlichen handeln soll, die ehemals in einem geschlossenen Heim waren, macht den Fall zum Politikum. Nach taz-Information wurde dies nicht zufällig publik.
Scheeles Sprecher Marcel Schweitzer versichert, dass die Entscheidung für das eigene Heim nichts mit dem Vorfall zu tun habe. Diese sei am 8. November nach längerer Diskussion gefallen. Die Tatvorwürfe seien erst am Dienstag bekannt geworden.
Die Grüne Christiane Blömeke erklärte: „Der Überfall macht deutlich, dass auch geschlossene Unterbringung keine hundertprozentige Sicherheit bringt.“ Vieles spreche dafür, diese kleine Gruppe von Jugendlichen sehr intensiv zu betreuen.
Der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer sagte, ihn verwundere dieser Vorfall nicht: „Wenn Kinder aus einem geschlossenen Heim kommen, sind sie nicht ,geheilt entlassen‘.“ Im Gegenteil: Sie seien höchst gefährdet, erneut massive Probleme zu verursachen. Man müsse viel früher anfangen, mit belasteten Kindern zu arbeiten. Dafür gebe es gute Modelle mit professionell geschulten Pflegeeltern. „Sie mit anderen hoch belasteten Jugendlichen zusammenzusperren, ist der falsche Weg“.
Pfeiffer nennt den Hamburger Plan, ein Heim für zehn bis 15 Minderjährige zu schaffen, „völlig absurd“. Niedersachsen bekomme sein eigenes Heim mit sieben Plätzen nur gefüllt, weil es aus anderen Ländern Kinder aufnehme. „Den Bedarf an 15 Plätzen gibt es nicht. Geschlossene Unterbringung braucht man, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit in Krisensituationen“, sagte Pfeiffer. Und dies übernehme in der Regel die Kinder- und Jugendpsychiatrie.
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