piwik no script img

Mirco Keilberth über die EU-Beschlüsse zu Flüchtlingen in LibyenNutzloser Malta-Gipfel

In Libyen sorgt die EU bei vielen Menschen für erstauntes Kopfschütteln. Auf ihrem Malta-Gipfel hat die Union beschlossen, die durch Libyen verlaufenden Migrationsrouten zu schließen. Zusammen mit der Einheitsregierung sollen Marine und Armee ausgebildet werden, den Menschenschmugglern in der Sahara und am Mittelmeer das Handwerk zu legen. Doch Europa spricht mal wieder mit den denjenigen, die auf dem Boden nichts zu sagen haben.

Die Regierung ist von der Gnade der vier großen Milizenführern abhängig, die in Tripolis um die Macht ringen. Auch in den Gemeinden Westlibyens, von deren Stränden die meisten der Seelenverkäufer ablegen, haben bewaffnete Gruppen das Sagen. Sie werden zwar in von der Regierung bezahlt, sind aber nur sich selbst gegenüber loyal.

Migration durch Libyen ist vor allem eins: ein gutes Geschäft. Obwohl die Mehrheit der Libyer den brutalen Menschenhandel ablehnt, haben die über 100 seit 2011 gewählten Gemeindebürgermeister keine Chance, Schmugglerlager mit bis zu 2.000 Gefangenen zu schließen. Denn die Gemeindekassen sind im Gegensatz zu denen der Milizen und der professionellen Schmugglerorganisationen leer. Von der Regierung ist aufgrund des Zentralismus und Vetternwirtschaft nichts zu erwarten.

Die Verantwortlichen in Brüssel hatten ein Jahr Zeit, um zu erkennen, dass der UN-Friedensplan in der jetzigen Form gescheitert ist. Man muss mit den Gemeinden direkt sprechen, um die menschenverachtenden Verhältnisse an der libyschen Küste zu verbessern. Deshalb gehören auch die Milizenkommandeure an den offiziellen Verhandlungstisch. Sie können tatsächlich umsetzen, was sie zusagen. In den bisherigen Geheimverhandlungen mit ihnen konnten die Diplomaten nicht einmal die Befreiung der Menschenrechtsaktivisten erreichen, die Folter und Zwangsarbeit in den Lagern anprangern. Das muss sich ändern.

Schwerpunkt

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen