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Minister möchte VeteranengedenktagDe Maizière verschiebt die Grenzen

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zeigt in den USA soldatisches Profil. Nun will er auch in Deutschland einen Veteranentag einführen.

Das Militär drängt in die Öffentlichkeit: Friedensaktivist beim öffentlichen Gelöbnis. Bild: dapd

WASHINGTON taz | Es war seine längste Auslandsreise als Verteidigungsminister: sechs Tage in Nordamerika. Der CDU-Politiker Thomas de Maizière hat sie genutzt, um den Raum für das Militärische in Deutschland auszuweiten.

In Kanada hat er den Flughafen Köln-Bonn als logistisches Drehkreuz für kanadische Kriegseinsätze angeboten. In Washington hat er gesagt, dass er auch in Deutschland einen Gedenktag für Veteranen haben will. Auf der Militärbasis Holloman im Süden der USA, wo die Bundeswehr ihre Kampfpiloten ausbildet, hat er über Umstrukturierungen und Raketenabwehr geredet.

Zum Abschluss zog de Maizière am Freitagnachmittag an der Harvard-Universität in Massachusetts Parallelen zwischen der gegenwärtigen deutschen Situation und den Anfängen des Deutschen Reiches 1871. Er erklärte, die "Angst vor der eigenen Stärke" sei vorbei. Und versicherte, dass Deutschland sein Licht nicht unter den Scheffel stellen brauche: "Die Bundeswehr kann kämpfen und führen."

Zu Hause lösten de Maizières Auftritte Aufregung aus. In Köln lehnt Flughafenchef Michael Garvens kanadische Militärflüge ab, "vor allem zur Nachtzeit". Und Bürgerinitiativen sprechen von einem Alleingang des Ministers ohne Absprache. In Berlin kritisieren Politiker von der Linken und von der SPD die "Militarisierung" der deutschen Politik.

De Maizières Veteranentag wäre eine Fortsetzung der Grenzverschiebungen, zu denen schon jetzt öffentliche Gelöbnisse, Tapferkeitsmedaille und Besuche von Bundeswehroffizieren in Schulen gehören. Dass der Minister angeregt hat, das Gedenken auf den Volkstrauertag zu legen - den Tag, den die Nazis zum "Heldengedenktag" machten -, sorgt für zusätzliche Empörung.

"Die Zeit ist reif"

Doch de Maizière zeigt sich nicht beeindruckt. "Die Zeit ist reif" für einen Veteranentag, hat er am Mittwoch in Washington gesagt. Schließlich gebe es ihn auch in anderen Nato-Staten.

Noch stärker als Frankreich und Großbritannien pflegen die USA den Kult der Veteranen. Mit mächtigen Institutionen wie dem Veteranenministerium, mit einem eigenen landesweiten Netzwerk von Krankenhäusern, Altersheimen und Versicherungen, mit einem nationalen Feiertag am 11. November, dem Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs, und mit zahlreichen symbolischen Gesten gegenüber Kriegsveteranen: In den USA dürfen sie als Erste in zivile Flugzeuge steigen.

Sie hören häufig den Spruch: "Thank you for your service." Und sie bekommen bei Versammlungen oft stehenden Applaus. Die Rekrutierungsoffiziere der Reservistenorganisation ROTC haben zu allen Schulen des Landes Zugang. Nur Schüler, deren Eltern ausdrücklich darauf bestehen, bleiben von ihren Rekrutierungsversuchen verschont.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Verteidigungsminister Leon Panetta am Donnerstag in Washington zeigt de Maizière Verständnis für den Abzug von rund 10.000 US-Soldaten aus Deutschland: weil die Zahl "moderat" sei, weil "Deutschland für die USA Hauptstationierungsland in Europa" bleibe und weil schließlich auch Deutschland eine neue Verteidigungsstrategie gemäß derselben Haushaltslogik habe.

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11 Kommentare

 / 
  • I
    Ihvic

    Beware of de Maiziére.

    Zum Veteranen-Rollout kann er die USA besuchen.

    Zu Militärparaden Nordkorea, China, Russland u.v.a.

    Wenn er senen Traum in Deutschland durchsetzt, will ich den Held der Arbeit- Tag haben.

  • M
    menschenfreund

    Wenn es um die Bundeswehr geht, ist man ohnehin Sachverständige/r indem man behauptet, sie sein überflüssig. Lautstärke und Sachkenntnis stehen allzu häufig im reziproken Verhältnis zueinander. Arrogant maßen sich die "Friedensaktivisten" an, sich öffentlich als die einzig legitimen, wahrhaft sich für den Frieden einsetzende zu sehen und darzustellen.

     

    Unkenntnis, Überheblichkeit oder was sonst? Den Tucholsky - "Mörder" – Anhänger sei gesagt: Die Alliierten Truppen haben Deutschland vom Faschismus und den Nazi-Verbrechern befreit. Was meinen Sie, hätte Tucholsky wohl zu ihnen geäußert? Glaubt man, die braune Verbrecherbrut hätte sich durch streicheln beseitigen lassen?

    Da kommt die Frage auf, ob Pazifisten u. U. auch Mörder sind – durch Unterlassen!

     

    Zur Sache.

    Grenzen verschiebt die Bevölkerung, die notwendige Übungen er Bundeswehr nach dem St. Florians-Prinzip verhindern will ( Bombodrom u.a., ebenso wie Straßen, die sie benutzen wollen oder Überlandleitungen für Strom z.B.). Die Andern sollen machen und Bürden tragen – keinesfalls aber ich, lautet das Motto. Um so befremdlicher die Erwähnung von Holloman als Fliegerausbildungs-Standort. Wer bitte möchte in Deutschland Nacht- und Tiefflüge?

     

    Eine gesellschaftliche Anerkennung unserer Soldaten/innen muß selbstverständlich sein. Man mag zu Gedenktagen und Orden stehen wie man will. Vorrangig aber muß zunächst die (Für-) Sorgepflicht der Politik gegenüber den Soldaten endlich ernst genommen werden. Soldaten/innen müssen für den Fall der Fälle abgesichert sein, gleich ob im In- oder Auslandseinsatz. In manchen Fällen verhält sich die Bundeswehr-Bürokratie wie häufig kritisierte Versicherungen, die sich vor Ihren Verpflichtungen zu drücken suchen. Schändlich!

     

    Die sich wandelnde Sicherheitslagen erfordern eine andere Armee, als die des kalten Krieges. Gliederung und Ausrüstung müssen den Anforderungen angepaßt werden. Da passen skandalöse Beschaffungsfehler und Unfähigkeiten wie z. B. brandneue Korvetten, die wegen unbrauchbarer Getriebe nicht eingesetzt werden können, die Misere mit den Hubschraubern „Tiger“ und „NH90“ oder die Transporter-Posse mit Airbus 400M nicht ins Bild. Es stinkt der Fisch vom Kopfe her. Unklare Definitionen der Bestellungen wie klare Überwachung der Fertigung und Auslieferung sowie hinreichend dafür geeignetes Personal sind defizitär.

     

    Hier sollte man sich Gedanken machen, anstelle des Brimbamboriums und gestylten Blechs (Orden) die aus Kostengründen für das stehen sollen, was man den Soldaten/innen verweigert: wirkliche, ehrliche Anerkennung.

  • V
    vantast

    Er weiß wohl nicht, welche exorbitante militärischen Operationen dieses kriegerische Volk bisher hinter sich hat. Zu besichtigen im Internet unter

    " A CENTURY OF U.S. MILITARY INTERVENTIONS".

  • V
    vic

    Diese Regierung ist unerträglich.

  • DH
    David Herget

    Da will der Verteidigungsminister nun einen Antimilitarismus-Demonstrationstag bzw. einen Veteranendenkmäler-Schändungstag einführen. Nun denn, wenn's unbedingt sein muss. Angesichts der Welt, die in den nächsten Jahren auf uns zukommt - also der neuen "Aufgaben", vor denen die Bundeswehr steht - ist das vielleicht gar keine so schlechte Idee.

     

    In der anti-totalitären, demokratischen Tradition unserer Verfassung war das freilich nicht so angedacht.

  • S
    Stefan

    Als Verteidigungsminister ist er auch für unsere Soldaten verantwortlich. Die Respektlosigkeit, mit der in unserem Land den Soldaten begegnet wird, die von UNS in den Krieg geschickt werden, ist kaum zu überbieten.

    Und dann noch die scheinheilige SED-Politik: Gegen ALLES, was Bundeswehr ist - die späte Rache am Feind der NVA. Das war ja auch eine Friedensarmee. Peinliche Nummer, aber konsequent. Wieso sollte man seine anti-freiheitliche politik aufgeben, nur weil man jetzt in Freiheit lebt?

  • W
    wahrhaft

    Und unter was für ein Motto will er den Heldengedenk- äh nein, Veteranentag stellen? Vielleicht: Ruhm und Ehre der deutschen Waffen-SS?

     

    Ach, ich wünschte alle Politiker der CDU-CSU-SPD-FDP-Grünen, die die Bundeswehr wieder in alle Welt marschieren ließen, machten uns den Wulff.

  • EA
    Enzo Aduro

    Wir brauchen keinen Veteranentag, weil wir ja nie wieder Krieg führen werden. Und wenn dann machen wir das nicht so dumm das es dabei Opfer auf unserer Seite gibt.

  • E
    emil

    bitte nicht noch mehr geld für unmoralischen schwachsinn hinblättern. ich verzichte auf deren service.

    soll die bundeswehr sich doch selbst bekriegen, da wird die truppe gleich viel schlanker.

  • JJ
    Jacob Jung

    Der Vorschlag des Ministers mag im Hinblick auf den neuen, aggressiven Kurs, den die Bundesregierung der Bundeswehr verordnet hat, konsequent wirken. Vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung ist es unerträglich, wenn mit der Ummünzung des Volkstrauertages eine NS-Tradition wiederbelebt wird.

     

    Betrachtet man zudem, den unsinnigen und absurden Bundeswehreinsatz in Afghanistan, dann täte de Maizière besser daran, sich um Schadensbegrenzung zu bemühen, als das Märchen von „Deutschlands Sicherheit, die am Hindukusch verteidigt werden muss“ durch einen Gedenktag für deutsche Veteranen zu bekräftigen und zu pflegen.

     

    Weiterlesen im Jacob Jung Blog (http://jacobjung.wordpress.com/2012/02/16/de-maiziere-will-%E2%80%9Eheldengedenktag-einfuhren/)

  • H
    Heldengedenken

    Jahrzehnte ueberfaellig!