Mindestlohn für Leiharbeit: Arbeitgeber lassen sich Zeit
Der beschlossene Mindestlohn für Leiharbeiter ist immer noch nicht in Kraft. Arbeitgeberverbände streiten sich über unterschiedliche Formulierungen für den Antrag.
BERLIN taz | Während die CDU in den letzten Wochen darüber stritt, ob sich eine allgemeine Lohnuntergrenze am Mindestlohn in der Leiharbeit orientieren sollte, ist dieser für rund 900.000 Leiharbeiter noch gar nicht in Kraft. Der Grund: Abstimmungsprobleme zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und dem Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ).
Jetzt aber ist man im Bundesarbeitsministerium (BMAS) optimistisch: "Der Antrag der Tarifpartner liegt vor, wir werden alles tun, dass der Mindestlohn Anfang 2012 in Kraft tritt", sagte BMAS-Sprecherin Heike Helfer der taz. Leiharbeiter hätten dann im Westen einen Anspruch auf 7,89 Euro Brutto Stundenlohn, im Osten auf 7,01 Euro.
Ab Herbst 2010 hatten Regierung und Opposition monatelang um einen Hartz-IV-Kompromiss gerungen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar 2010 eine transparente Neuberechnung der Regelsätze des Arbeitslosengeld II verlangt hatte.
Ende Februar 2011 dann einigten sich die Parteien nicht nur auf eine Regelsatzerhöhung von fünf und später noch einmal drei Euro sowie auf ein Bildungspaket für bedürftige Kinder. Vereinbart wurde auch, einen Mindestlohn in der Leiharbeit zu ermöglichen: Er soll im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz festgeschrieben werden, das die Leiharbeit regelt.
Angst vor der offenen Grenze
Dass es nun zehn Monate gedauert hat, bis der Mindestlohn-Antrag von Gewerkschaften und Arbeitgebern dem BMAS vorliegt, erklärt iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz damit, dass die beiden Arbeitgeberverbände in ihren jeweiligen, bereits geltenden Tarifverträgen zwar die gleichen Entgelthöhen von 7,89 und 7,01 Euro, aber unterschiedliche Regelungen zu Arbeitszeitkonten festschreiben.
Beim BMAS kann jedoch nur ein Tarifvertrag eingereicht werden, der dann zum branchenweit allgemeingültigen Mindestlohntarifvertrag erklärt wird. Gewerkschaften, iGZ und BAP vertreten nach eigenen Angaben rund 600.000 der etwa 900.000 Leiharbeiter.
Die Tarifpartner begründen ihren Antrag damit, dass seit dem 1. Mai die deutschen Grenzen offen sind für Arbeitnehmer und Dienstleister aus acht osteuropäischen Staaten. So könnten Leiharbeitsfirmen beispielsweise mit Sitz in Polen Beschäftigte für umgerechnet 1,85 Euro, den polnische Mindestlohn, nach Deutschland verleihen. Damit bestünde "die Gefahr, dass sich osteuropäische Anbieter auf dem Markt durchsetzten und das bestehende Lohn- und Gehaltsniveau insgesamt ins Rutschen kämen", so die Antragsteller.
Bevor der Mindestlohn endgültig in Kraft treten kann, muss noch eine dreiwöchige Einspruchsfrist gegen die Lohnuntergrenze beachtet werden. Auch der beim BMAS angesiedelte Tarifausschuss sowie das Kabinett müssen sich noch damit befassen. Im BMAS erwartet man deswegen jedoch keine Verzögerungen. Für die Kontrolle des Mindestlohns ist künftig der Zoll zuständig. Er soll dafür um 156 Kontrolleure aufgestockt werden.
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