Milliardenpoker um Nigerias Öl: China in Afrika
Der Ölkonzern CNOOC will angeblich groß in Nigeria einsteigen. Das wäre das bislang größte Rohstoffgeschäft Chinas in Afrika. Doch Shell und Co sind noch im Spiel.
Die ölhungrigste Nation der Welt greift nach den größten Ölreserven Afrikas südlich der Sahara. Wie die britische Financial Times berichtet, verhandelt Chinas drittgrößter staatlicher Ölkonzern CNOOC mit Nigerias Regierung über den Erwerb von Anteilen an einem Sechstel der Ölfelder des Landes. Sie sind, wie es heißt, bis zu 30 Milliarden Dollar – über 20 Milliarden Euro – wert.
Damit würde ein Erfolg alle bisherigen Rohstoffgeschäfte Chinas in Afrika in den Schatten stellen. Das Blatt beruft sich auf ein Schreiben des Präsidialamtes von Nigerias Präsident Umaru YarAdua an CNOOC vom 13. August, das ein bestehendes chinesisches Angebot zwar als "inakzeptabel" verwirft, aber "Interesse" für den Fall eines "günstigen revidierten Angebots" bekundet.
Nigeria ist traditionell mit bis zu 2,3 Millionen Barrel täglich der größte Ölförderer Afrikas südlich der Sahara, hat diesen Platz jüngst aber wegen anhaltender Aufstände in den Ölgebieten an Angola eingebüßt und massive Einbrüche in den Exporteinnahmen verzeichnet. Nigeria und Angola werden immer wichtiger für die Ölversorgung sowohl Chinas als auch der USA. Das heizt den Wettbewerb zwischen diesen beiden Mächten um Afrikas Ressourcen an.
Bei den nigerianisch-chinesischen Gesprächen soll es um Anteile an 23 Ölkonzessionen geben, die derzeit westliche Ölfirmen wie Chevron und Exxon aus den USA oder Total aus Frankreich und Shell aus Großbritannien halten. 16 dieser Lizenzen laufen Ende 2009 aus. Ob die Gespräche dazu dienen sollen, Nachfolger zu finden oder lediglich von den westlichen Konzernen höhere Zahlungen für neue Verträge zu erpressen, ist derzeit offen. Nigerias Präsidentschaft erklärte gestern, es gebe "keine endgültige Position" und man sei in Verhandlungen "nicht nur mit CNOOC, sondern auch mit allen anderen Partnern". Der chinesische Konzern verweigerte die Stellungnahme.
CNOOC hatte erstmals 2006 einen Anteil an einem von Total betriebenen Tiefseeölfeld vor der nigerianischen Küste für 2,69 Milliarden Dollar erworben. Dort werden laut Total derzeit 175.000 Barrel pro Tag gefördert. Auch Nigerias größte Ölraffinerie in der Stadt Kaduna sollte für 2,3 Milliarden Dollar an CNOOC verkauft werden, um sie instandsetzen und eine funktionierende Benzinversorgung in Nigeria gewährleisten zu können. Doch der Deal scheiterte.
Im Juni 2009 kaufte die chinesische Ölfirma Sinopec für 7,2 Milliarden Dollar die Schweizer Öl- und Gasfirma Addax, die in Nigeria und unter anderem Irakisch-Kurdistan operiert. Möglicherweise zielt der Vorstoß von CNOOC nun darauf, in den bestehenden Joint-Ventures zwischen Ölmultis und Nigerias Staat nicht die Anteile der Ölmultis zu erwerben, sondern die des nigerianischen Staatskonzerns NNPC (Nigeria National Petroleum Corporation). Er soll nach Plänen der Regierung umstrukturiert und für private Investoren geöffnet, also teilprivatisiert werden.
Ein entsprechendes Ölgesetz ist allerdings seit Monaten in Nigerias Parlament blockiert. Unter anderem verlangen die Provinzgouverneure der Ölstaaten im Niger-Flussdelta, dass die Ölreserven zukünftig den Bundesstaaten gehören und nicht mehr der Zentralregierung. Die ausländischen Ölkonzerne wiederum warnen vor einer Verschlechterung ihrer Vertragsbedingungen. Als Reaktion darauf machen nigerianische Medien Stimmung gegen eine angebliche "multinationale Verschwörung zum Investitionsstopp".
Ein großer Einstieg Chinas in Nigerias Ölsektor wird erst möglich sein, wenn diese und andere Fragen geklärt sind. China ist ohnehin ein zunehmend wichtiger Wirtschaftspartner für Nigeria. Chinesen haben beim Aufbau von Weltraumtechnologie samt Start von Kommunikationssatelliten mitgeholfen und sanieren Nigerias Banken, Eisenbahnen und Universitäten. Chinesische Unternehmer werden auch in Nigerias verarbeitender Industrie immer wichtiger. Nach einem Zeitungsbericht hat eine Hochschule im Bundesstaat Ogun im Südwesten des Landes Chinesischunterricht eingeführt. 70 Prozent der Fabriken des Bundesstaates sollen in chinesischen Händen seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands