Militärweltwinterspiele in Sotschi: In aller Freundschaft
Bei den Conseil International du Sport Militaire (CISM) kämpft auch die Bundeswehr um Medaillen. Die Veranstaltung findet in Sotschi statt.
„Wir fühlen uns bei den Russen immer wohl“, sagt Oberstleutnant Wolfram Henkies. Mit der A 310 der deutschen Luftwaffe ist der Chef der deutschen Delegation vor einigen Tagen mit 35 Bundeswehrsportlern im russischen Sotschi gelandet, und nun wartet er nach den fünftägigen Wettbewerben am Mittwochmorgen auf den Rückflug. Er blickt sehr erfüllt zurück: „Das war ein ganz großes Event und ein tolles Erlebnis.“ Soldaten aus 22 Nationen haben sich in der Olympiastadt von 2014 zu den dritten Militärweltwinterspielen getroffen. Organisiert wird das Event vom Conseil International du Sport Militaire (CISM), dem Militärweltsportverband.
Das Leitmotiv des CISM, „Freundschaft durch Sport“, so erklärt Henkies am Telefon, sei hier mit Leben gefüllt worden. „Wir sitzen gerade in der Abfertigungshalle des Flughafens mit italienischen, französischen und rumänischen Soldaten zusammen. Man unterhält sich, schließt Freundschaften, tauscht Telefonnummern aus.“ Auch die Freundschaften zu den russischen Gastgebern habe man auf persönlicher Ebene gestärkt. Mit seinem russischen „Gegenpart“ arbeite er schon seit Jahren eng zusammen.
Die Militärweltspiele lehnen sich an das Vorbild der Olympischen Spiele an. Es gibt eine olympische Fackel und die Soldaten seien, berichtet Henkies, in verschiedenen olympischen Dörfern je nach Sportdisziplin untergebracht worden, der länderübergreifende Kontakt also jederzeit möglich gewesen.
Russische Streitkräfte haben also mit Soldaten aus etlichen Nato-Ländern Wand an Wand geschlafen und an einem Tisch gegessen. Angesichts der wieder zunehmenden Spannungen in der Ukraine, und der Verstärkung der Nato-Präsenz in Osteuropa eine bemerkenswerte Veranstaltung. Gerade sind in diesem Monat 500 Bundeswehrsoldaten, 26 Panzer und 170 militärische Flugzeuge nach Litauen verlegt worden.
Strengere Dopingauflagen
Aber auch aus sportpolitischer Perspektive war das ein ungewöhnliches Zusammentreffen in Sotschi. Seitdem mit den McLaren-Berichten belegt wurde, dass in Russland staatlich gelenkt manipuliert und gedopt wurde, sind fünf internationale Wintersportevents in Russland abgesagt worden – unter anderem die Bob-Weltmeisterschaften, die im Februar in Sotschi hätten stattfinden sollen.
Für Oberstleutnant Wolfram Henkies haben die Militärweltspiele mit alldem aber nichts zu tun. Die Dopingauflagen seien ohnehin strenger als bei den Olympischen Spielen, erklärt er. Da es in Russland kein von der Welt-Anti-Doping-Agentur zugelassenes Labor gebe, habe man die Proben in ein deutsches und norwegisches Labor geflogen. Unter seinen Soldaten hätte es keinen Argwohn gegenüber den russischen Militärsportlern gegeben, versichert Henkies.
Und die weltpolitischen Spannungen hätten in den Tagen von Sotschi keine Rolle gespielt. Er hätte etwa mit seinem russischen Kollegen von Oberstleutnant zu Oberstleutnant auf persönlicher Ebene gesprochen, die politische Ebene habe man ausgeklammert. Henkies erklärt: „Ich unterliege als Soldat dem Primat der Politik. Und das ist auch gut so.“ Dass der Sport Impulse auf der politischen Ebene auslösen könne, glaubt der deutsche Delegationsleiter nicht. „Wer weiß schon von dieser Veranstaltung. Das Interesse daran ist mehr als gering.“
Abdul Hakeem al-Shino, ein Generaloberst aus dem Bahrain und Präsident des Militärsportverbandes, betont hingegen die politische Dimension der Militärweltspiele: „Bei der gegenwärtigen weltpolitischen Lage öffnet Russland allen anderen Ländern sein Herz. Solche Wettbewerbe inspirieren die Delegationen, zusammenzukommen und zu kommunizieren.“
Deutsche auf dem achten Platz
Russische Medien zitierten in den vergangenen Tagen wiederum gern die slowenische Teilnehmerin Maja Vidmar, die kundtat, sie betrachte die Militärweltspiele als „eine Art Antwort auf die Sanktionen“ westlicher Staaten gegen Russland. So ausschließlich privat wurde das Treffen der Sportsoldaten also auch von dieser Seite nicht interpretiert.
Aus sportlicher Sicht waren diese Winterspiele ein großer Triumph für den Gastgeber. Mit 42 gewonnenen Medaillen (22 Gold, 9 Silber, 11 Bronze) heimsten die Russen mehr als doppelt so viele Plaketten wie der Zweite Italien ein. Die Deutschen landeten mit ihren zwei Medaillen (Gold und Silber) auf dem achten Platz. In vier Jahren wird man als Gastgeber in der Berchtesgadener Region vermutlich eine stärkere Truppe in die Wettbewerbe schicken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands