Mikroplastik verseucht die Natur: Von der Fabrik in den Vogelmagen
Schon bevor Polyethylen fertiggestellt ist, gelangt in Schweden tonnenweise Granulat aus der Produktionskette in die Umwelt.
Zusammen mit dem Meereswissenschaftler Martin Hassellöv und anderen KollegInnen der Universität Göteborg wollte Gipperth mehr über die Mikroplastikverschmutzung in der Nähe von Chemiefabriken wissen. Zur Fallstudie wählten sie die Borealis-Fabrik in Stenungsund nördlich von Göteborg aus. Dort wird seit den 1960er Jahren Polyethylen produziert. Derzeit sind es rund fünf Prozent des Rohmaterials, das jährlich in Europa verarbeitet wird und aus dem vorwiegend Verpackungen hergestellt werden.
Die ForscherInnen stellten fest: Granulatpartikel dieses Polyethylens gelangen tonnenweise unkontrolliert in die Umwelt, bevor daraus überhaupt ein Produkt hergestellt wird. Oft landet dieses Mikroplastik dann in den Mägen von Fischen und Vögeln. „Wir waren schockiert“, sagt Gipperth. Sie begannen zu rechnen, was offenbar schon bei Produktion, Transport und Lagerung auf Abwege gerät.
In einer jetzt veröffentlichten Studie kamen sie in einem „worst case scenario“ auf bis zu 36 Millionen Stück Granulat. Jährlich. Aus einer Fabrik. „Als wir die kleineren Partikel analysierten und das, was Flaum genannt wird, kamen wir sogar auf eine hundertfach größere Zahl solcher Bruchstücke“, wird Therese Karlsson, Doktorantin am Marineforschungsinstitut in einer Pressemeldung der Universität Göteborg zitiert. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse von der Borealis-Fabrik kein Einzelfall sind: „Da der globale Markt von wenigen großen Unternehmen mit konzentrierten Produktionsstätten dominiert wird und ein weltweites Vertriebs- und Produktionsnetzwerk besteht, gibt es Grund zur Annahme, dass die Routinen an anderen Standorten ähnlich sind.“
Martin Hassellöv
Die Frage ist, warum nicht gleich am Anfang der Produktionskette versucht wird, die Granulatverunreinigung massiv zu begrenzen, etwa über gesetzliche Auflagen oder technische Vorkehrungen. „Wir kamen zum Ergebnis, dass die Umweltgesetzgebung eigentlich schon jetzt entsprechende Auflagen ermöglichen würde“, erklärt Hassellöv. „Sie wird nur nicht angewendet.“ Aufgeschreckt von der Studie haben Borealis und Aufsichtsbehörden jedenfalls inzwischen Besserung versprochen.
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