: Migranten sollen häufiger ausbilden
Bildungsministerium wirbt in Hamburg um mehr Lehrstellen in ausländischen Unternehmen. In der Hansestadt konnten seit 1998 immerhin 1.000 Plätze eingeworben werden. Für den DGB wird insgesamt zu wenig ausgebildet
Unternehmer ausländischer Herkunft sollen mehr Ausbildungsstellen schaffen – dafür warben gestern das Bundesbildungsministerium sowie Hamburgs Senat und Handelskammer. Den Anlass bot eine von acht „Regionalkonferenzen“, die das Ministerium derzeit zu diesem Thema ausrichtet. Es gebe in Deutschland 300.000 Unternehmer migrantischer Herkunft mit 1,2 Millionen Beschäftigten, sagte gestern Staatssekretär Andreas Storm, aber nur 25.000 Auszubildenden. Ziel sei, diese Zahl um 10.000 zu erhöhen.
In Hamburg hat sich bereits 1998 eine „Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer und Existenzgründer“ (ATU) unter dem Dach der Handelskammer gebildet, die drei Mitarbeiter abstellte, um Lehrstellen einzuwerben. An der Elbe werden rund 12.000 Unternehmen in 60 Branchen von Migranten geleitet – rund 3.000 von türkischen Geschäftsleuten. Viele wüssten nichts von der Möglichkeit der dualen Ausbildung, sagt Aygül Özkan, Vorsitzende der ATU, „weil sie dieses System von ihren Heimatländern nicht kennen“. Seit 1998 sei es gelungen, 1.000 Ausbildungsplätze zu akquirieren. Die ATU „coache und vermittle“ solche Jugendliche, sagt Özkan, die sonst kaum eine Chance hätten. Und nicht nur Migranten: Unter den 130 im Vorjahr Vermittelten seien auch 71 Deutsche gewesen.
Nach Einschätzung des DGB fehlen in Hamburg etwa 5.000 Ausbildungsplätze, rund 10.000 Jugendliche gehen Jahr für Jahr zur Überbrückung in berufliche Warteschleifen. Weil auch der CDU-Senat hier Handlungsbedarf sah, schuf er 2006 in einem Sofortprogramm mehr als 800 Plätze. Zudem versprach Bürgermeister Ole von Beust (CDU) damals, bis April kommenden Jahres 1.000 Ausbildungsplätze für Migranten aufzutun. Der Appell an ausländische Unternehmen, sagte er nun, sei nur ein Baustein. Zusammen mit Özkan forderte von Beust von allen Lehrherren, die Auswahlkriterien zu überdenken. So habe er von einem Test erfahren, der nach dem früheren Namen Taiwans fragte. „Die Antwort ist Formosa“, sagte von Beust. „Ich frage mich, welcher Schüler mit Migrationshintergrund weiß so was?“
Olaf Schwede, Jugendsekretär beim DGB, möchte nicht vergessen wissen, dass auch deutsche Firmen zu wenig ausbildeten. In Hamburg, wo der Dienstleistungssektor dominiere, kämen auf 100 Beschäftige drei Auszubildende. Würde man dieses Verhältnis verdoppeln, so Schwede, gäbe es 20.000 Lehrstellen mehr. KAIJA KUTTER