Mietanstieg hat sich verdreifacht: Weniger Neubau, höhere Mieten
Der Wohnungsverband BBU hat seine Jahresbilanz für 2024 vorgestellt. Vorständin Maren Kern rechtfertigt die jüngsten Mieterhöhungen.

770.000 Wohnungen vermieten die im BBU vertretenen Unternehmen, zu denen neben Privaten wie die Vonovia auch die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen LWU gehören. Bislang hatte BBU-Vorständin Maren Kern immer auf die mietpreisdämpfende Wirkung ihres Bestandes verwiesen. Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2024 am Donnerstag sagte sie: „Mieten müssen an der ein oder anderen Stelle erhöht werden können, sonst kriegen wir das nicht mehr gestemmt.“
Das mit dem Gestemmt-kriegen-Wollen ist der Wohnungsneubau. 6.500 Wohnungen im Jahr, so steht es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD, sollen alleine die Landeseigenen bauen. Insgesamt sollen pro Jahr 20.000 Wohnungen neu errichtet werden. Doch die Realität sieht anders aus. 3.461 Wohnungen bauten die LWU 2024. Für dieses Jahr sind 4.775 Wohnungen prognostiziert.
Für Kern ist damit allerdings die Talsohle erreicht. Auf einer Neubautour des BBU am Montag hatte Bausenator Christian Gaebler (SPD) angekündigt, dass die Landeseigenen 2026 mit 7.000 neuen Wohnungen erstmals das selbstgesteckte Ziel erreichen und sogar übertreffen würden. Doch dafür brauchen Degewo und Co die nötigen finanziellen Ressourcen. Kern verteidigte deshalb die Mietsteigerungen von 112.000 Wohnungen, die die LWU für dieses Jahr planen. Gleichzeitig sprach sie sich gegen einen neuen Mietendeckel aus, den zuletzt SPD-Fraktionschef Raed Saleh ins Spiel gebracht hatte. „Solche Vorschläge gehen weit über das Mietrecht hinaus und rütteln an der Eigentumsordnung.“ Auch Wegner hatte bei der Neubautour Saleh widersprochen.
50 Prozent mehr Baukosten seit 2019
Als Grund für die zuletzt fallenden Neubauzahlen nennt Maren Kern die immens gestiegenen Baukosten. Die sind für den Wohnungsneubau im Vergleich zu 2019 um knapp 50 Prozent gestiegen. Auch deshalb unterstützt der BBU das Vorhaben des Senats, gewisse Standards zu überprüfen, etwa die Zahl von vorgeschriebenen Steckdosen je Zimmer.
In Hamburg wird dies mit dem „Hamburg-Standard“ bereits praktiziert. Damit sollen die Baukosten um ein Drittel gesenkt werden. In Berlin betragen die Kostenmieten für einen Neubau pro Quartameter derzeit 20 Euro. Vor allem für Genossenschaften sei das nicht realisierbar, sagt Maren Kern. „Die Genossenschaften konzentrieren sich deshalb auf die Bestandsentwicklung.“
Die Berliner Linke hat mit scharfer Kritik auf den BBU-Bericht reagiert. „Es ist der falsche Weg, die steigenden Kosten für Neubau und Modernisierung über steigende Mieten zu finanzieren“, sagt der mietenpolitische Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schenker. Der grüne Fraktionsvorsitzende Werner Graf meint: „Wer allein auf Neubau setzt, lässt die Berliner Mieter*innen im Stich und überlässt sie der Willkür auf dem freien Markt.“ Die Grünen setzen sich deshalb für ein „Bezahlbare-Mieten-Gesetz“ ein. Das soll Vermieter verpflichten, einen festen Anteil ihrer Wohnungen zu bezahlbaren Mieten anzubieten – abgestuft nach Größe ihres Bestands.
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