Miese Lobbyarbeit in Berlin: Nord-Länder sollen mehr Geld besorgen
Die Norddeutschen Unternehmerverbände monieren, dass das Geld für neue Straßen und Schienen ständig nach Bayern gehe.
KIEL taz | Während vor dem Kieler Atlantic-Hotel noch die Limousinen vorfuhren, aus denen die Verkehrsminister aller Bundesländer sowie Bundesminister Alexander Dobrindt stiegen, gab es im einige Kilometer entfernten Hotel „Kieler Kaufmann“ bereits klare Worte. „Die Industrie wird ungeduldig, wir haben ordentlich Dampf auf dem Kessel“, sagte Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Unternehmerverbände aller norddeutschen Bundesländer hatten sich zusammengetan, um für die zehn Straßen-, Schienen- und Brückenbauten zu werben, die aus ihrer Sicht besonders wichtig sind.
Auf dieser Top-Ten-Liste stehen Schienen-Stränge wie die „Weddeler Schleife“ bei Braunschweig und die Erweiterung des Schiffshebewerks Scharnbeck am Elbe-Seitenkanal. Zur Finanzierung der Infrastruktur schlagen die Verbände einen Topf vor, der sich aus Kfz-Steuer, Maut und Kapital privater Geldgeber speist.
Den norddeutschen Landesregierungen stellten die Unternehmerverbände gestern ein schlechtes Zeugnis aus: Bei den Versuchen, Geld beim Bund für Erhalt und Neubau von Straßen und Schienen locker zu machen, seien die Norddeutschen nämlich selten erfolgreich. Süddeutsche Länder überholten sie bei der Jagd nach Bundesmitteln regelmäßig. Der Vorwurf der Verbände: Straßenbau sei politisch nicht gewollt und solange die Grünen an einer Regierung beteiligt seien, werde das nichts.
Dass die Grünen Straßenbauten kritisch sehen, ist bekannt – das trifft auch Projekte, die die Wirtschaftsverbände zu ihren Top Ten zählen, wie etwa die Autobahn 20 in Schleswig-Holstein. Hier wollen die Grünen einen „grünen Weg nach Westen“, d.h. sie wollen vorhandene Straßen nutzen und ausbauen. Ein nächstes Planfeststellungsverfahren soll erst 2016 erfolgen. Am langsamen Tempo seien Planungsfehler früherer CDU-Regierungen schuld, hieß es.
Eben an der richtigen Planung mangele es, kritisierten die Unternehmensverbände gestern in Kiel: Die Nordländer hätten keine klare Prioritätenliste für Verkehrsprojekte, vor allem gelänge es nicht, in Berlin deutlich zu machen, dass Nord-Ostsee-Kanal, Y-Bahntrasse in Niedersachsen oder Hafen-Zuwege in Bremen bundespolitische Bedeutung haben. Die Verbände wollten dafür nun „jenseits regionaler Egoismen“ werben.
Die Verkehrsminister debattierten derweil im Atlantic-Hotel zunächst über den regionalen Bahnverkehr und Dobrindts Mautpläne. Heute geht es etwa um Arbeitsbedingungen in der Güterverkehrsbranche und die „Benzinpreisbremse“.
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