Microsoft ganz vorne mit dabei: Wirtschaft will mehr IT in Schulen
Schüler sollen mehr IT-Kenntnisse vermittelt bekommen. In einer Schule in Hodenhagen wird bald jeder Zehntklässler einen eigenen Computer nutzen können. Gut für Microsoft.
Auf den ersten Blick mutet es an wie eines der üblichen Täuschungsmanöver. Eine Unternehmensgruppe mit Microsoft als Lokomotive vorneweg wirbt für mehr Computerkenntnisse von Schülern. Aha, denkt man, die wollen ihr Betriebssystem verbreiten. Das gehört sicher auch zum Ziel der Initiative "IT-Fitness", die gerade eine Schule mit einem Klassenzimmer der Zukunft ausstattet.
Dennoch geht diese Initiative wenigstens mal einen halben Schritt über das Normale hinaus - denn es sind nicht nur Microsoft und Cisco an Bord, sondern auch Partner aus ganz anderen Branchen, denen man direkt pekuniäre Interessen nicht unterstellen kann, die Bahn etwa, Randstad oder Signal Iduna.
Die als IT-fitteste ausgewählte Schule aus dem niedersächsischen Hodenhagen - sie bekommt 50.000 Euro - ist der interessante Fall einer sich behutsam modernisierenden Lehranstalt. Im Jahr 2000 fasste die Gesamtkonferenz den Beschluss, dass alle Schüler der Haupt- und Realschule Computerkenntnisse bekommen sollen - und zwar systematisch und nicht punktuell und zufällig. Dann kam der Ortsbürgermeister und schleppte acht ausrangierte Computer an. Und so fing alles an.
Demnächst wird in Hodenhagen jeder Zehntklässler eine eigenen Rechner benutzen können. "Wir wollen aber nicht einfach mehr Geräte und mehr Technik, wir wollen etwas Neues", sagt der junge Konrektor Maik Welk. Will sagen: Die KollegInnen werden sich fortbilden, mit welchen Lehr- und Lernmethoden man Computer intelligent im Unterricht einsetzen kann. Es wird bald die famosen interaktiven white boards geben - das sind neuartige Tafeln, deren Anschriebe man auf die Laptops der Schüler transferieren kann. Das ist noch nicht ganz Lernen 2.0 (siehe Text rechts) und es ist auch nicht der avantgardistische Einsatz von Tablet-PCs, wie sie der als it-fittester Lehrer prämierte Olaf Kleinschmidt aus Magdeburg praktiziert (taz v. 13. 10). Aber es ist klar: Der alte lehrerzentrierte Unterricht geht so auch nicht mehr. Der Virus des individuellen und selbständigen Lernens ist gesetzt.
Die Frage ist natürlich: Reicht es, wenn die Wirtschaft mit homöopathischen Dosierungen die deutschen Schulen in die Umlaufbahn Richtung Cyberspace setzen will? Immerhin ist Deutschland nicht nur OECD-Frontrunner bei der Produktion von Schülern, die nicht richtig lesen und schreiben können. In keinem anderen OECD-Land wird auch der Computer als schulisches Lernwerkzeug seltener eingesetzt. Das wurmt die Industrie. "Computerkenntnisse benötigt heute jeder - egal, ob Bäcker oder Banker", sagt dazu der Chef von Microsoft Deutschland, Achim Berg. "Uns ist es daher wichtig, dass PC und Internet systematisch und fächerübergreifend in den gesamten Unterricht eingebunden werden."
Gut gebrüllt, Microsoft, aber ein Löwe ist Achim Berg deswegen noch lange nicht. 50.000 Euro sind viel für die kleine 260-Schüler-Schule in Hodenhagen. Allerdings sind sie ein Kinkerlitzchen, wenn man sich die Bilanzsummen der beteiligten Unternehmen der IT-Fitness-Ini mal ansieht. Da ändern auch die Preise für 50 weitere Schulen und der ebenfalls ausgezeichnete Lehrer Hubert Zecherle aus dem Allgäu nichts. Mit einem Klassenzimmer der Zukunft und zwei superfitten IT-Lehrern lässt sich die bevorstehende Fachkräftekrise in Deutschland nicht beheben. Denn die wird gigantisch sein. Das weiß auch die Wirtschaft.
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