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Archiv-Artikel

Mickymaus bekommt neuen Chef

Robert Iger wird neuer Vorstandsvorsitzender des Medienkonzerns Disney. Die Belegschaft dürfte das freuen

BERLIN taz ■ Seine Konkurrenten gaben ihm, Robert Iger, den Spitznamen „Michaels Hausmeister“. Michael, wie Michael Eisner, der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Disney-Konzerns. Hausmeister, weil Iger über Jahre still und unauffällig im Schatten Eisners stand.

Robert Iger begann seine Karriere 1974 beim US-Fernsehsender ABC. Zunächst war er Nachrichtenreporter, wechselte jedoch schnell hinter die Kamera. In den nächsten zehn Jahren arbeitete er sich unauffällig weiter nach vorne: Iger wurde Sportchef, dann Programmchef. Unter seiner Führung kletterte ABC Mitte der 90er-Jahre von Platz zwei auf Platz eins der Hitliste der erfolgreichsten Sender zur Hauptfernsehzeit. Eigentlich eine ideale Ausgangsposition für den Posten des Vorstandschefs. Doch 1996 wird ABC vom Medienkonzern Disney aufgekauft. Michael Eisner wird Igers Chef.

Iger selbst ist vom Posten des Vorstandchefs wieder fast zehn Jahre entfernt. Selbst auf den letzten Metern legte ihm der Konzern Steine in den Weg: Als nach einem Misstrauensvotum gegen Eisner im letzten Jahr dessen Rücktritt unvermeidbar wird, sucht der Verwaltungsrat monatelang Alternativen zu Vizechef Iger.

Erst nachdem die letzte ernsthafte Konkurrentin, E-Bay-Chefin Meg Whitman, ihre Bewerbung am vergangenen Freitag zurückgezogen hatte, ist der Weg für Iger frei. So erfolgte die Wahl Igers zum Vorstandsvorsitzenden einstimmig. Aufsichtsratsvorsitzender George Mitchell beschreibt Iger als „erfahrenen, talentierten und visionären Chef“. Er habe viel zur Entwicklung des Konzerns beigetragen. Iger hat zudem den Ruf, seinen Mitarbeitern größere Freiheiten zu lassen. Ganz im Gegensatz zu Eisner, der das Unternehmen streng zentralistisch führte. So wird sich besonders die Belegschaft über die neue Führung freuen. Die Exdirektoren Roy Disney und Stanley Gold äußerten sich dagegen missfallend über die Wahl Igers. Sie hätten einen Externen bevorzugt.

Auf Iger warten als Vorstandsvorsitzender verantwortungsvolle Aufgaben: So ist ABC in der Hauptsendezeit auf den vierten Platz zurückgefallen – Iger soll die Bilanz wieder lesenswerter machen. Darüber hinaus wird erwartet, dass er die von Eisner in den Sand gesetzte Beziehung zum Trickfilmstudio „Pixar“ („Findet Nemo“) repariert. Auch die Expansion des Konzerns nach China und Indien steht an.

Igers größter Erfolg in jüngster Zeit war die Sendung „Desperate Housewifes“. Die Mischung aus Comedy und Drama lief im vergangenen Herbst. Sie wurde fünfmal für die US-Fernsehpreise Golden Globes nominiert und rettete ABC so die Zuschauerzahlen. Sein Amt tritt Iger am 30. September an. Dann führt er einen der weltgrößten Unterhaltungskonzerne – mit seinen Freizeitparks, Filmstudios und 30 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. SVENJA BERGT