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Michael Ballacks ComebackMann gegen Jungs

Michael Ballack ist bei seinem Verein Bayer Leverkusen ins Training zurückgekehrt. Während er verletzt war, hat die Jugend die Macht im deutschen Fußball übernommen.

Zurück im Mannschaftstraining und doch allein: Michael Ballack. Bild: dpa

Michael Ballack ist wieder da. Er trainiert wieder im Kreise seiner Mannschaft. Ins volle Teamtraining soll er nach seinem Schienbeinköpfchen-Bruch nebst Außenbandanriss erst im nächsten Jahr wieder einsteigen.

Verbal ist er bereits jetzt wieder voll da. Er brauchte nur zwei Namen zu nennen, um die Erinnerung aufkeimen zu lassen an das, was als die K-Frage monatelang in den Sportveröffentlichungen des Landes diskutiert wurde. Lahm und Löw heißen die Herren, die der 34-Jährige vor dem Hinrundenfinale noch einmal kritisiert hat.

Den einen, weil der sich das Kapitänsamt in der Nationalmannschaft kapern wollte, obwohl sich das nicht gehöre. Den anderen, weil er drei Monate gebraucht hat, um zu entscheiden, dass Lahm nur stellvertretender Kapitän ist, solange Ballack noch nicht ganz weg vom Fenster ist. Schnee von gestern, meinte der eine.

Recht hat er, der Lahm. Aber verstehen kann man es schon, wenn sich einer wie Ballack am Ende einer Halbserie, die geprägt war von einer beinahe hemmungslosen Jugendschwärmerei, noch einmal nachdrücklich in Erinnerung bringen will. Es waren Wochen und Monate, in denen junge Kerle in den Himmel gelobt wurden, von denen man nicht viel mehr weiß, als dass sie einmal ganz gut werden könnten.

Die Maßstäbe haben sich verschoben in der Liga - ebenso wie in der Nationalmannschaft. Das Potenzial, das in einem jungen Typen steckt, zählt beinahe schon so viel wie das Können eines erfahrenen Spielers. Kein Wunder also, dass Ballack, der für einen Berufsfußballer im besten Renteneintrittsalter ist, so verbissen um die Binde kämpft. Am Ende wird noch einer Kapitän der Nationalmannschaft, von dem Löw glaubt, dass er das Zeug dazu hat, irgendwann einmal in diese Rolle hineinzuwachsen.

Und während man in England nach beinahe jedem nicht ganz souveränen Auftritt des FC Chelsea fragt, warum der Klub einen wie Ballack so einfach hat ziehen lassen, hat man in Deutschland beinahe schon vergessen, dass der Nun-Leverkusener ein richtig guter Fußballer ist.

Einer hat es ganz bestimmt nicht vergessen: Ballacks Klubtrainer Jupp Heynckes. Der ist 65 Jahre alt und gilt als Fossil im Vergleich zu den gefeierten Jungtrainern Jürgen Klopp und Thomas Tuchel. Die freuen sich immer ganz besonders, wenn ihre "Jungs" gut spielen. Auch das ist ein Paradigmenwechsel. Früher wurden gestandene Männer besonders kräftig gefeiert, wenn sie sich besonders dreckig gemacht haben. Jetzt werden schnell laufende Bubis vergöttert, wenn sie gezeigt haben, dass sie ein feines Füßchen haben.

Wahrscheinlich muss Ballack Leverkusen (ausgerechnet Leverkusen!) zur deutschen Meisterschaft führen, um in der um sich greifenden Jugendschwärmerei überhaupt noch einmal ernst genommen zu werden. Zum Rückrundenauftakt spielt Bayer gegen Herbstmeister Dortmund. Da kann Ballack zeigen, was er der Jugend entgegenzusetzen hat - wenn er denn gebraucht wird. Leverkusen spielt oben mit. Michael Ballack konnte dazu bislang nicht viel beitragen.

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5 Kommentare

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  • T
    treichlschorsch

    Na, wer sagt's denn?! Inzwischen scheint der Bundestrainer die Botschaft von MB endlich verstanden zu haben... Per Zeitungsinterview hat er ihm eine Capitano-Garantie gegeben, sollte er in die N11 zurück kehren. Das wirkt zwar nicht überzeugend aus der Strategie-Sicht eines Joachim Löw per Anfang 2011, aber vielleicht ist das Drohpotenzial eines MB dann doch zu gefährlich. Nicht auszudenken, was ein mögliches Unfriendly Outing für die Werbewirksamkeit der Protagonisten respektive des DFB haben könnte.

    Bleibt nur abzuwarten, wie ein Samy Khedira auf den Zweikampf reagiert. Aber vielleicht kriegt SK ja einfach eine Stammplatzgarantie nach der EM 2012, und damit hätte dann der DFB eine gesichtswahrende Lösung für alle Beteiligten gefunden. Und noch kann ja keiner sagen, ob MB wirklich zurück kehrt und v.a. ob er bis zum EM-Finale 2012 wirklich verletzungsfrei auf höchstem Niveau durch hält.

  • T
    treichlschorsch

    Man könnte auch eine ganz andere Bewusstseinslage von MB dahinter vermuten: es gibt ja (nicht nur im Netz) ausschweifende Gerüchte über die sexuelle Ausrichtung mancher Bundesliga- und N11-Spieler (und Trainer), die ich prinzipiell gut fände, wenn sie wahr wären...

    Nur mal so als Gedankenspiel:

    Der Ballack-Manager Becker hatte ja vor einiger Zeit schon recht eindeutig in diese Richtung argumentiert.

    Vielleicht sieht es MB noch als seine letzte Pflichthandlung für sein Vaterland, einen mutmaßlich eindeutig heterosexuellen Spieler (Bastian Schweinsteiger) zum künftigen Kapitän machen zu helfen. Und wenn er sich damit jetzt nicht bald durch setzt, dann ... [die Konsequenzen kann sich jeder selbst ausmalen, vielleicht kriegen wir das lang erwartete Outing im Profifußball schneller als gedacht oder Schweinsteiger wird künftiger Capitano ;-)]

  • D
    DasBertl

    Ich denke nicht, dass Herr Ballack nocheinmal eine herausragende Rolle im deutschen Fussball (ob DFB oder Bayer) spielen wird. Die shat mehrere Gründe.

     

    1. Der Naheliegenste: Er wird langsam zu alt und war viel zu lange verletzt.

    2. Etwas verdeckter, meiner Meinung nach aber mindestens genauso wichtig, wenn nicht wichtiger: Er bringt das Gefüge der jungen Spieler durcheinander. Denn erst ist nun einmal jemand, der gern das Zepter in die Hand nimmt. Das Problem bei den jungen Manschaften: Es gibt kein Zeoter mehr. Die Verantwortung ist verteilt auf viele Schultern, dadurch fühlt sich jeder eher in der Pflicht und ist motivierter als bei einem einzigen Leitwolf.

     

    Er wird sich damit abfinden müssen. Die Zeit des Michael Ballack ist vorbei...

  • G
    glockenpeter

    Wir können uns dann am Ende der Saison unterhalten, ob der fussballerisch totgeschriebene Ballack noch am Leben ist oder ob er einen Loddar im Jahre 2004 darstellt

  • E
    Erin13

    Wenn man sich das gesamt Interview im Express durchlesen würde, ist das ein Interview eines erwachsenem sympathischen Mannes, der sehr realistisch und ehrlich spricht.Er ist sich vor allem bewusst, dass es für ihn schwer ist zurück in die N11 zu kehren. Deshalb denk ich auch nicht, dass er um die K-Binde kämpft. Allerdings spricht er sich zu recht f. Schweinsteiger aus. Die bessere Alternative zu Lahm.