Mexiko stoppt 60 Güterzüge Richtung USA: Mexikos tödliche Gleise
Nachdem sechs Migrant*innen auf Güterzügen verunglückten, setzt ein Bahnunternehmen seinen Zugverkehr in die USA teilweise aus.
OAXACA taz | Mexikos Regierung tut sich schwer damit, mit der Ankunft von immer mehr Migrant*innen umzugehen. Das führt an vielen Orten Mexikos zu großen Problemen. Angesichts mehrerer Toter und Verletzter hat das mexikanische Bahnunternehmen Ferromex jetzt einen Teil seines Zugverkehrs auf der Reiseroute Richtung USA eingestellt.
Da in einigen Regionen des Landes immer mehr Menschen unter gefährlichen Bedingungen Güterzüge zur Reise nutzen würden, sei der Verkehr von 60 Zügen vorübergehend ausgesetzt worden, informierte die Grupo México, die Eigentümerin von Ferromex, am Dienstag. Man habe den Verkehr ausgesetzt, um das Leben und die Gesundheit der Migranten nicht zu gefährden, und warte nun auf Maßnahmen der Behörden, heißt es in einem Schreiben der Unternehmensgruppe.
In den vergangenen Tagen seien sechs Personen schwer verletzt worden oder gestorben. Tausende Menschen befänden sich auf den Waggons der Züge und auf den Betriebshöfen von Ferromex in Zentralmexiko sowie im nördlichen Bundesstaat Chihuahua. „Es ist das erste Mal in so kurzer Zeit, dass eine so große Anzahl von Personen versucht hat, auf die Tankwagen und Waggons zu steigen“, erklärte das Unternehmen. Videos in sozialen Netzwerken zeigen, dass sich zahlreiche Menschen auf den Gleisen bewegen.
Lange Zeit war der Güterzug, der La Bestia (die Bestie) genannt wurde, für Migrant*innen das wichtigste Verkehrsmittel, um aus dem Süden Mexikos Richtung US-Grenze zu reisen. Entlang der Bahnstrecke wurden Herbergen errichtet. Aufgrund zahlreicher Unfälle beim Aufsteigen sowie Überfällen krimineller Banden sahen die Menschen dann jedoch davon ab, den Zug zu benutzen. Erst mit der aktuellen starken Zunahme der Einreise steigen in den letzten Jahren wieder mehr Personen auf die Güterzüge.
Jährlich reisen Hunderttausende durch Mexiko nach Norden
Im Süden kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Einreisenden. Menschen aus Haiti und afrikanischen Staaten rissen am Montag in der Stadt Tapachula an der Grenze zu Guatemala einen Zaun nieder und versuchten, in die Räume der Migrationsbehörde (Comar) einzudringen, um Aufenthaltspapiere zu erhalten. Es kam zu Rangeleien zwischen etwa 5.000 Migrant*innen mit Polizei und Nationalgarde.
In der Stadt im Bundesstaat Chiapas warten viele auf die Ausstellung eines Visums, ohne das eine legale Weiterreise nicht möglich ist. Nach Angaben der Comar hat sich die Zahl der Asylanträge zwischen Januar und August 2023 um 30 Prozent erhöht.
Auch im Isthmus von Tehuantepec im Bundesstaat Oaxaca sowie dessen gleichnamiger Landeshauptstadt Oaxaca de Juárez sind die Behörden angesichts der großen Menge ankommender Migrant*innen überfordert. Organisationen der Zivilgesellschaft müssten sich um eine humanitäre Grundversorgung kümmern, informierte die dortige Ombudsstelle für Menschenrechte. Eine provisorisch zur Unterkunft umfunktionierte Kirche könne wegen des Fehlens von Nahrungsmitteln nicht mehr genutzt werden. Die Behörde forderte die Regierung zum Handeln auf.
Hunderttausende, die sich auf der Flucht vor Armut, Gewalt oder politischer Verfolgung befinden, reisen jährlich durch Mexiko. Sie kommen aus Zentralamerika, Haiti, Kuba, Venezuela und Ecuador, aber auch aus afrikanischen und asiatischen Staaten. Die meisten von ihnen wollen in die USA, nicht wenige bleiben jedoch an der US-Grenze hängen. Vergangenes Jahr nahmen US-Beamte dort mehr als 2,76 Millionen Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere fest, etwa ein Drittel von ihnen waren Mexikaner*innen.