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Metal-Festival „Elbriot“Naserümpfen war einmal

Metal ist längst zu einer mehrheitsfähigen Musik geworden. Seit inzwischen fünf Jahren bringt das Festival „Elbriot“ die Größen des Genres nach Hamburg.

Deutliche Sprache, unmissverständliche Pose: Steel Panther beim „Elbriot“ 2016 Foto: Marco Sensche

Welcome to Hell! Das größte Metal-Festival der Stadt ruft. Die Namen der eingeladenen Bands sprechen wieder eine deutliche Sprache: Megadeth, Bullet For My Valentine, Hatebreed, Bury Tomorrow. Es geht um Gewalt, Grusel, Tod und Verderben. Für einen Tag verfinstert sich das Großmarktgelände unter höchstem Schalldruck. Tausende aus Hamburg und Umgebung fiebern dieser musikalischen Apokalypse seit Wochen mit inbrünstiger Vorfreude entgegen. Wie konnte es so weit kommen?

Metal ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Auf den Weg gebracht von Größen ihrer Zeit (Black Sabbath, Led Zeppelin, Deep Purple) und von AC/DC und Motörhead stilistisch in Form gegossen, erhielt das Genre Ende der Siebziger mit der „New Wave of British Heavy Metal“ erstmals ein griffiges Etikett. Nach dem Auftauchen von Gruppen wie Def Leppard, Iron Maiden, Saxon, Venom und Judas Priest entwickelte sich ein weltumspannender Metal-Underground, mit Indie-Labels, Fanzines, Tape-Tradern und sonst noch allem, was eine funktionierende „Szene“ ausmacht.

Langer Weg zum Mainstream

Junge US-Bands griffen den Sound ihrer britischen Altvorderen auf und spitzten ihn in Richtung Speed-, Thrash-, Death- und Black-Metal zu. Allen voran Metallica sorgten schließlich Anfang der Neunziger dafür, dass Metal langsam aber sicher den Status eines zwar faszinierenden, doch von den meisten eher skeptisch oder gar mit Abscheu betrachteten Paralleluniversums aufgab. Der Übergang in den Mainstream war plötzlich nur noch ein kleiner Schritt.

Hierzulande läutete das Wacken-Festival den endgültigen Dammbruch ein. Luftgitarre und Pommesgabel, Moshen und Headbanging sind seitdem zum Volkssport geworden. Kutten und Nietenarmbänder gelten nicht mehr als prollig, sondern schick. Metal, früher ein Ding unter Jungs, ist heute ein Spaß für die ganze Familie. Und was „Crowdsurfing“ bedeutet, erklärt dir jetzt auch die BWL-Studentin von nebenan. 40 Jahre nach seiner Erfindung hat sich Metal zu einem musikalisch wie gesellschaftlich mehrheitsfähigen Phänomen ausgewachsen. Naserümpfen war einmal.

Wackens kleiner Bruder

Das Event mit dem hübschen Namen „Elbriot“ könnte als Wackens kleiner Bruder betrachtet werden. 2013 ins Leben gerufen, erfreute es sich von Anfang an enormer Beliebtheit. Kein Wunder, denn das Booking ist hochwertig, alte Metal-Recken und aktuelle Bands verschiedener Sub-Genres werden geschickt miteinander kombiniert. In der Regel treten acht bis zehn Gruppen auf, das Ticket kostet rund 60 Euro – ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis.

Nicht zuletzt liegt das Festivalgelände mitten in der Stadt. Hamburger Headbanger müssen also nicht mehr, wie es zuvor jahrelang notwendig gewesen ist, den weiten Weg in die Provinz (oder gar in Nachbarstädte und -länder) auf sich nehmen, um sich einen Tag lang unter freiem Himmel mit Metal beschallen zu lassen. Und egal, wie viel Promille am Ende des Abends zusammengekommen sind: Von hier aus findet noch jede und jeder auch zu Fuß den Weg nach Hause.

Mittags gibts auf die Glocke

Gut beraten ist jedenfalls, wer sich seine Kräfte einteilt. Der Metal-Reigen beginnt nämlich schon mittags um zwölf. Dann entern neun Gruppen im Stundentakt die „Elbriot“-Bühne. Den ersten Höhepunkt bildet gegen 13 Uhr eine Deathcore-Band namens Whitechapel – benannt nach dem Londoner Stadtviertel, in dem Jack The Ripper sein Unwesen trieb.

Im krassen Kontrast zum Brachial-Sound der Amis steht am frühen Nachmittag der Melodic-Death-Metal der fünf Finnen von Children of Bodom. Danach befeuern Hatebreed, Trivium und Bullet For My Valentine das Publikum mit weiteren Staccato-Beats und -Riffs der Abteilung Metal-Core und Thrash.

Zu den spektakulärsten „Elbriot“-Gästen zählten in der Vergangenheit Slayer, Anthrax, Testament und Kreator – allesamt in den frühen 1980ern gegründete Thrash-Formationen mit großen Verdiensten. Von ähnlichem Kaliber ist auch Megadeth, der diesjährige Headliner. Ihr Chef und Gitarrist Dave Mustaine gehört zu den Gründungsmitgliedern von Metallica.

Spektakulärer Act: Megadeth

Aufgrund interner Querelen verließ er die Band aber schon vor den Aufnahmen zu „Kill ’Em All“. Als das Album-Debüt Metallicas erschien, 1983 also, formierte Mustaine seine neue Gruppe. Trotz des verspäteten Starts und wiederholter Schwierigkeiten wegen Mustaines Vorliebe für verschiedene Genussmittel gelang es Megadeth, innerhalb weniger Jahre zu einer der relevantesten Thrash-Gruppen der damaligen Ära aufzusteigen.

Der Weg der Band blieb aber weiterhin steinig. Zu den harmloseren Problemen zählten noch die zahllosen Besetzungswechsel. Anfang der 2000er-Jahre schlugen Mustaines gesundheitliche Schwierigkeiten ungleich schwerer ins Kontor. Sie führten fast dazu, dass er das Gitarrespielen aufgeben musste. In nur zwei Jahren brachte Mustaine aber seine Skills auf den alten Stand. Seit 2004 sind Megadeth wieder hochaktiv. Das aktuelle Album, „Dystopia“ ist von bewährter Qualität. Den bisher 25 Millionen verkauften Platten der Band wird sie noch einige hinzufügen können.

Nach Megadeths Besuch beim diesjährigen „Elbriot“ können sich die Organisatoren des Festivals auf die Fahnen schreiben, schon drei der „Big Four“ des Thrash-Metals zu Gast gehabt zu haben. Nach Slayer, Anthrax und Megadeth fehlt jetzt noch Mustaines ehemalige Band, Metallica. Doch die schweben in kommerzieller Hinsicht längst in ganz anderen Sphären. Ehe die beim „Elbriot“ auftreten, friert wohl die Hölle zu.

„Elbriot“: Sa, 19.8., ab 12 Uhtr, Hamburg, Großmarkt, www.elbriot.de

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