piwik no script img

Messerstecherei in WürzburgBeschuldigter kommt in Psychiatrie

Für die tödliche Messerattacke auf Pas­san­t*in­nen schickt das Landgericht Würzburg einen psychisch kranken Mann unbefristet in eine Psychiatrie.

Gedenken in Würz­burg:­ Bar­ba­ros­sa­platz am Jahrestag der Tat

Estenfeld dpa | Nach der tödlichen Messerattacke auf Pas­san­t*in­nen schickt das Landgericht Würzburg einen psychisch kranken Mann unbefristet in eine Psychiatrie. Das sagte der Vorsitzende Richter, Thomas Schuster, am Dienstag bei der Urteilsverkündung.

Es ist erwiesen, dass der zur Tatzeit schuldunfähige Beschuldigte am 25. Juni 2021 in der Würzburger Innenstadt wahllos Menschen mit einem Küchenmesser angriff. Drei Frauen starben, neun Menschen wurden verletzt. Der Flüchtling aus Somalia ist laut zweier unabhängig voneinander erstellter Gutachten paranoid schizophren und hörte Stimmen, die ihm die Tat befohlen hätten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte den Mann um die 30, dessen Alter den Behörden nicht bekannt ist, unter anderem des dreifachen Mordes und versuchten Mordes beschuldigt. Das Verfahren fand aus Platzgründen in einer Veranstaltungshalle in Estenfeld bei Würzburg statt.

Am Vortag hatte Oberstaatsanwältin Judith Henkel bereits die zeitlich unbefristete Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gefordert, ebenso die Nebenklagevertreter. Der Mann sei zur Tatzeit schuldunfähig gewesen und habe das Unrecht seiner Taten nicht einsehen können.

Die Tat an einem sommerlichen Nachmittag wühlt bis heute viele Menschen in der Universitätsstadt auf. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte nach dem Urteil in München: „Es bleibt eine tragische Tat, die Bayern damals ins Herz getroffen hat.“ Er begrüßte, dass es nun ein klares Urteil gebe und dass es eine längerfristige Unterbringung des Mannes vorsehe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Was genau bedeutet bei so einem Urteil "zeitlich unbefristet"?



    Lebenslang?



    Prinzipiell ist jeder Mensch mit diagnostizierter paranoider Schizophrenie zu so etwas fähig, und mit den modernen Neuroleptika lässt sich das gut in einen funktional-normalen Lebenszusammenhang bringen. Gut und schnell.



    Ich bin informierter Laie, mein Bruder leidet daran, wobei er eben gar nicht leidet, sondern gut klar kommt.

    Schizophrenie ist die eine psychiatrische Erkrankung, bei der die Wissenschaft sich einig ist, dass sie unzweideutig genetische Ursachen hat.



    gie kommt in jeder Bevölkerung mit 1% vor, bei direktem Verwandtschaftsfrad sind es 2%.

    Dass so etwas nicht häufiger vorkommt, es liegt daran, dass die Betroffenen schnell genug medikamentöse Unterstützung erhalten. Und damit laufen die dann alle draußen frei herum.



    Verstehen Sie?



    In einem gefüllten Kinosaal sitzen Sie automatisch neben ein oder gar zwei dieser potentiellen Messerstecher.

    Hier, zumindest scheint mir das naheliegend, gab es den Kontext nicht, in dem das früh genug hätte auffallen können, allein sprachlich gibt es da ja wohl Barrieren.



    Wenn er schuldunfähig war, ist es aber doch keine Straftat, der Mann ist vor dem gesetz straffrei.



    Aber irgendwie komme ich jetzt nicht daran vorbei, dass die "Unterbringung" eben eine Strafe ist. Der muss ja von einem Arzt als weder selbst- noch fremdgefährdend entlassen werden. Da das unmittelbar davon abhängt, ob er Zugang zu Medikamenten hat und auch gesichert ist, dass er sie einnimmt (letztere ist bei meinem Bruder ebensowenig gesichert ...), wird sich kein Arzt der Welt das aufbürden.

    Ich finde das Urteil daher unangemessen. Das Problem ist weder der mann, noch die Krankheit, es ist ein Soziales.