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Messerangriff im Hamburger HauptbahnhofMutmaßliche Täterin wohl psychisch krank

18 Menschen sind bei der Attacke einer 39-jährigen Deutschen im Hauptbahnhof der Hansestadt verletzt worden, vier von ihnen schwer. Die Polizei geht derzeit nicht von einem politischen Motiv aus.

Der Bahnsteig von Gleis 11 und 12 des Hamburger Hauptbahnhofs am Samstagmorgen Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburg dpa | Nach Angaben der Polizei wurden bei der Attacke am Freitagabend insgesamt 18 Menschen verletzt. Die 39-jährige Verdächtige befindet sich weiterhin in Polizeigewahrsam, wie die Polizei mitteilte. Die Mordkommission habe die Ermittlungen aufgenommen.

Die mutmaßliche Täterin, eine 39 Jahre alte Deutsche, soll im Laufe des Tages vor den Haftrichter kommen. Der soll entscheiden, ob sie in eine Klinik untergebracht werden soll. Den Angaben der Polizei zufolge soll die Frau nicht politisch motiviert gewesen sein. „Vielmehr haben wir Erkenntnisse, aufgrund derer wir jetzt insbesondere dahingehend ermitteln, ob sie sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben könnte“, sagte Polizeisprecher Florian Abbenseth. Das Tatmesser sei sichergestellt worden.

Am Freitagabend hatte ein Mensch offenbar wahllos auf Passanten eingestochen. Zum Zeitpunkt der Tat gegen 18 Uhr war der Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14 voller Menschen. Als mutmaßliche Täterin hatte die Polizei vor Ort eine Frau festgenommen. Die 39 Jahre alte Deutsche habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Nach derzeitigen Erkenntnissen habe die Verdächtige alleine gehandelt.

Die Frau ist nach Informationen der Bild-Zeitung als psychisch krank bekannt. Sie habe bereits Aufenthalte in der Psychiatrie gehabt, schrieb Bild weiter. Darüber hinaus sei sie polizeibekannt. Ein Polizeisprecher wollte sich am frühen Morgen dazu nicht äußern.

Angreiferin wohl psychisch krank, Opfer außer Lebensgefahr

Nach der grausamen Messerattacke mit insgesamt 18 Verletzten gab es am Mittag Entwarnung für die vier lebensgefährlich verletzten Opfer. Es handelt sich bei ihnen um drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren sowie einen 24 Jahre alten Mann. Sie befinden sich inzwischen alle in einem stabilisierten Zustand, wie die Polizei mitteilte. Zudem wurden sieben Menschen schwer und weitere sieben Menschen schwer verletzt.

Spurensicherung abgeschlossen

Nach der Messerattacke wurden in der Nacht alle Gleise für den Zugverkehr wieder freigegeben. Die Spurensicherung sei abgeschlossen, teilte die Deutsche Bahn (DB) mit. Empfohlen werde aber, alle Bahnverbindungen online zu überprüfen. Nach Angaben einer Bahnsprecherin könne nach derzeitigem Stand am Morgen „wieder alles pünktlich starten“. Die vier Gleise 11 bis 14 waren nach der Messerattacke gesperrt gewesen. Es kam zu entsprechenden Verspätungen und Umleitungen im Fernverkehr.

Polizei und Rettungskräfte waren am Abend mit einem Großaufgebot im Einsatz. Die Spurensicherung untersuchte den Bahnsteig 13/14. An Gleis 14 stand ein ICE. Der Polizeisprecher sagte jedoch: „Die Tat hat sich, nach dem, was wir wissen, nicht in diesem Zug abgespielt.“

Die Polizei teilte zudem mit, sie sei auf der Suche nach Bildern, Videos und Hinweisen. Diese könne man über ein Hinweisportal übermitteln.

Passanten verhinderten Schlimmeres

Dass die Attacke nicht noch mehr Menschen getroffen hat, ist dem mutigen Eingreifen von zwei Passanten zu verdanken. „Durch das sehr schnelle Eingreifen zweier Passanten, die sich auf dem Bahnsteig befanden, (…) konnte der Angriff unterbrochen werden“, teilte die Polizei am Mittag mit.

Einsatzkräfte hätten die 39 Jahre alte Deutsche im Anschluss schnell festnehmen können. Dabei habe es sich um sogenannte Quattro-Streifen gehandelt. Das ist ein Vierer-Team aus Bundes- und Landespolizei sowie den Sicherheitskräften von Hochbahn und Deutsche Bahn. Die Deutsche hatte sich widerstandslos festnehmen lassen. Nach derzeitigen Erkenntnissen soll die Verdächtige alleine gehandelt haben.

Stark besuchter Verkehrsknotenpunkt

Der Hamburger Hauptbahnhof gehört mit mehr als 500.000 Reisende pro Tag zu den am stärksten frequentierten Verkehrsknotenpunkten in Deutschland. Im freitäglichen Feierabendverkehr herrscht dort regelmäßig dichtes Gedränge. An diesem Freitag begannen in Hamburg einwöchige Schulferien.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher zeigte sich schockiert über den Messerangriff. Die Tat sei erschütternd, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X. Er fügte an: „Die Täterin ist in Gewahrsam. Ich wünsche den Opfern der Tat viel Kraft und hoffe, dass auch die Schwerverletzten gerettet werden.“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb auf X: „Die Nachrichten aus Hamburg sind bestürzend. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Mein Dank geht an alle Einsatzkräfte vor Ort für ihre schnelle Hilfe.“ Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte den Messerangriff. „Es ist schockierend, wenn Reisende hinterhältig und feige attackiert werden“, sagte Dobrindt laut seines Ministeriums in der Nacht.

Der Hamburgische Opferbeauftragte bot Betroffenen seine Hilfe an. Das Angebot richte sich nicht nur an Menschen, die eine körperliche Verletzung erfahren haben, sondern auch an Personen mit seelischem Hilfebedarf. Der Beauftragte hat die Aufgabe, den Opfern von Terroranschlägen und Katastrophen und deren Angehörigen unterstützend zur Seite zu stehen.

Der Bahnverkehr läuft seit den frühen Morgenstunden wieder wie gewohnt. Und die Gleise sind auch entsprechend voll. In Hamburg haben die einwöchigen Schulferien begonnen und viele Menschen starten ihre Reise vom Bahnhof aus.

Am Tatort, also dem Bahnsteig zwischen Gleis 13 und 14, war von der Attacke schon am Samstagmorgen kaum noch etwas zu sehen. Lediglich kleinere Blutspuren am Boden zeugten von der grausamen Tat. Am Abend und in der Nacht waren mehrere Hundert Beamtinnen und Beamten im Einsatz – etwa 350 von der Landespolizei und rund 60 von der Bundespolizei. Auch die Feuerwehr unterstützte mit etwa 50 Kräften.

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7 Kommentare

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  • Langsam muss ein Umdenken in der deutschen Psychiatrie geschehen - bessere Betreuung, notwendige Investitionen und Revision der rechtlichen Grundlagen sollten auf der Tagesordnung stehen. Dass sich AFD und Co. hier bedeckt halten ist klar - wohin soll man die Frau auch ausschaffen? In die Schweiz, an den Wohnort Frau Weidels? Von dem von einem psychisch Kranken kürzlich in Berlin erstochenen Jogger redet auch niemand mehr - natürlich, der Täter war "biodeutsch".

  • 2 Tage, nachdem aufgrund des AfD-Antrags die Aktuelle Stunde bezüglich der Messerangriffe stattfand, ist wieder eine furchtbare Messerattacke - dieses Mal in Hamburg - erfolgt. Den Verletzten wünsche ich von Herzen alles Liebe und Gute zur Genesung!

    Was ich mir allerdings nicht verkneifen kann, ist die kritische Anmerkung, dass - im Gegensatz zu sonstigen sofortigen Reaktionen seitens der AfD - diese Partei im aktuellen Fall "ganz normal weiteratmet". Erwartbar, aber deshalb nicht weniger skandalös!

    • @Sabine Hofmann-Stadtländer:

      Und auch ich als ein Mensch mit Migrationshintergrund und als Gegner der AFD frage mich in letzter Zeit nach solchen Anschlägen, welcher Nationalität, welcher Ethnie der Täter wohl angehören mag. Das hat die AFD leider auch bei mir schon bewirkt, anstatt dass ich zuerst nach dem Wohlergehen der Opfer frage. Der nationale, der ethnische Background eines Täters sollte eigentlich angesichts des unermesslichen Leids zweitrangig sein.

      • @Muckelpu:

        Ich kann Ihre Gedankengänge sehr gut nachvollziehen. Zwar bin ich ein deutsches Bleichgesicht, aber als ich meinen Rechner einschaltete und die Überschrift des Artikels auf N-TV gesehen habe, hatte ich gleich wieder die nächste Hass- und Hetzewelle der Faschisten erwartet und war extrem erleichtert, dass es eine deutsche Täterin war. Und diese Erleichterung hat sich eingestellt noch bevor ich gelesen habe, dass bisher niemand zu Tode gekommen ist.

        Traurig, was diese ständige, widerwärtige Hetze der Nazis inzwischen auch bei demokratischen Menschen wie mir auslöst.

        Ich wünsche den Opfern der Tat eine schnelle Genesung und hoffe, dass sie jetzt auch die notwendige Hilfe bekommen, um das Trauma bestmöglich zu verarbeiten.

        • @Truhe:

          Wunderbar, wie es hier wieder einige toll und erleichternd finden, dass 18 Menschen schwer verletzt wurden - Hauptsache, die Täterin hatte keinen Migrationshintergrund. Einfach schäbig.

          • @PeterArt:

            Sie haben wohl die Intention der Schreiber vor Ihnen falsch gedeutet.



            Den beiden ging es mitnichten darum zu zeigen, wie erleichtert sie über den Hintergrund der Täterin sind. Es ging ihnen darum zu zeigen, wie vergiftet die Debatte in Deutschland schon ist, dass bei jeder Tat sofort nach dem Hintergrund des Täters gefragt wird, statt erstmal bei der Tat selbst zu bleiben.



            Nicht Ihre Vorredner sind schäbig, sondern die Situation in die wir alle uns haben hineinmanövrieren lassen.