Merz in Belém: Irgendwo steht immer ein Fettnapf für den Kanzler parat
Friedrich Merz hat sich mit seiner Haltung zu Belém nicht gerade beliebt gemacht in Brasilien. Man möge es ihm nachsehen. Am liebsten ist er daheim.
W enn deutsche Staatsmänner verreisen, kann immer etwas schiefgehen. Als Friedrich Merz bei Donald Trump im Oval Office saß, dachte ich: Hoffentlich sagt er jetzt nichts Dummes und sitzt da wie ein Schulbub. Alle waren erleichtert, als es vorbei war. Armin Laschet war stolz. „Es ist gut gegangen. Er wurde nicht gedemütigt.“ Ja, es war ein glücklicher, ungedemütigter Moment.
Das Feld der Blamagen auf den Bühnen der Welt ist allerdings groß. Überall lauern die Gefahren. Gerade wenn man aus dem Sauerland kommt. Wie Heinrich Lübke, der als Bundespräsident in Madagaskars Hauptstadt Tananarive die Frau des Präsidenten einst mit „sehr geehrte Frau Tananarive“ begrüßte. Wer kann sich als erdverbundener Sauerländer auch diese ganzen Namen merken. Lübke war froh, wenn er nach Reisen in die Fremde endlich wieder „die frische, raue Luft des Sauerlands“ atmen durfte.
Friedrich Merz ist auch Sauerländer. Er war auf demselben Gymnasium wie Lübke, in Brilon. Das Sauerland ist bekannt für gute Luft, Schützenfeste und einen zu Starrsinn neigenden Menschenschlag. Für lässige Weltläufigkeit eher nicht. Der Sauerländer, bei dem eine gewisse Übellaunigkeit ja schon im Namen angedeutet ist, ist vielleicht besser zwischen Schmallenberg und Niedereimer als zwischen Brasilien und Madagaskar aufgehoben. Der Kanzler war in Belém bei der COP und trompete danach, wie froh er war, wieder nach Hause zu dürfen.
Das kam in Brasilien nicht so gut an. Der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, schrieb auf X: „Sohn von Hitler! Mistkerl! Nazi!“, was womöglich eine Anspielung auf Merz’ Nazi-Opa war. „Putz dir die Zähne und geh duschen, bevor du über Brasilien sprichst“, schrieb ein anderer. Insgesamt scheint das Verständnis in Brasilien für sauerländische Besonderheit bedauernswert wenig ausgeprägt zu sein.
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Merz erinnert an den reichen Onkel, der immer alles besser weiß, gern über das Ausland herzieht, wo das Wetter zu heiß, die Straße zu holprig, das Bier zu warm ist. Sein Vorwurf an das Ausland ist fundamental: Es ist nicht Niedereimer. Nach Belém rufen wir daher in völkerverbindender Absicht: Er hat es nicht böse gemeint. Er ist so. Immerhin hat Merz die Frau von Lula nicht mit „sehr geehrte Frau Brasilia“ begrüßt. Da wollen wir mit Armin Laschet sagen: Es ist gut gegangen. Fast.
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