: Merry X-mas
■ betr.: Titelblatt am 24.12. 96
Von Springer lernen heißt Siegen = Verkaufen lernen. Zum 24. wollen alle ausnahmslos sentimentalen Kitsch, auch die, die es nicht zugeben. Ein ironisch gemeintes süßliches Weihnachtsengelchen und ein besoffener Weihnachtsmann wären wohl verkaufsfördernder gewesen, aber dieses Elendsbild, nee, da kann die Auflage nicht steigen.
Alle Sendungsbewußten, so auch ihr, wollen, daß alles so ist, wie es sein soll, Springer-Presse nimmt die Leute, wie sie eben sind und gibt ihnen, was sie wollen, nicht was sie sollten.
Wenn ihr überleben wollt, müßt ihr ja nun nicht kritiklos BZ imitieren, leichte Überlegungen zu Werbung, Absatz und Profit könnten aber auch nicht schaden, ab und an.
Bedient das Gefühl, aber positiv. Und schon Tucholsky hat in den 20er Jahren geschrieben, die Leute wollen nicht de aliqua re, sondern rem, ie., nicht so sehr die Sache, es sind die Personen, die interessieren. Heute Lovely Rita, eventuell als Fotomontage, wie sie doch in Gruppe von Regierungsleuten fliegt, da sie ja wohl nicht alleine flattert und kostet, Kohl als Weihnachtsmann, der die Augen dann doch zudrückt, SPD als Engelsschar, die Augen gen Himmel gewandt, sieht auch nichts, da betroffen, so was hätte ich mir gewünscht ... Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, auch unseren Lesern, sie sind ja nicht genetisch anders als das profane Volk ... In diesem Sinne und für eine höhere Auflage A. Kuhnert, Weihnachtsmuffel aus Berlin
(Hier kann ich mir eine Anmerkung nicht verkneifen: „Wenn die Gallier so werden wie die Römer, dann macht das Kämpfen keinen Sinn mehr.“ Asterix, Gallier. Das Foto auf der Seite 1 vom 24.12. ist eine Analogie zur taz-Weihnachtskarte, auf der eine Gans abgebildet ist, die das Blümchenspiel spielt: „Weihnachten kommt, Weihnachten kommt nich' ...“ (siehe Abbildung) Auf dem Foto ist nun zu sehen, daß Weihnachten doch gekommen ist. Dumm gelaufen, die säzzerin)
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