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Merkels Israel-BesuchOlmert nennt Merkel "Inspiration"

Israels Ministerpräsident Olmert lobt Kanzlerin Merkel und will in den Bereichen Waffentechnik und Wissenschaft stärker zusammenarbeiten. Palästinenser zeigen "Verständnis".

Gemeinsame Regierungskonsultationen sollen nun jährlich stattfinden. Bild: reuters

JERUSALEM taz Dreiundsechzig Jahre nach dem Holocaust haben gestern zum ersten Mal deutsche und israelische Minister an einem Kabinettstisch einander gegenübergesessen. In gelöster Atmosphäre rückten die Politiker eng zusammen, damit überhaupt alle Platz fanden. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist mit sieben Ministern angereist, um ein historisches Ereignis zu markieren: gemeinsame Regierungskonsultationen, die von nun an jährlich stattfinden werden.

Vorgeschichte

Deutschland und Israel haben seit dem 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen. Deutschland ist zweitwichtigster Handelspartner Israels nach den USA. Es gibt mehr als 100 Partnerschaften zwischen Städten und Kreisen beider Länder. Im vergangenen Jahr gab es mehr als 200 außerschulische Austauschprogramme. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit wurde seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen kontinuierlich erweitert. Mehr als 25.000 Wissenschaftler aus beiden Ländern haben an gemeinsamen Projekten gearbeitet. Deutschland zahlte bis 2005 rund 25 Milliarden Euro Entschädigung an in Israel lebende NS-Verfolgte. Jährlich werden etwa 367 Millionen Euro an Renten überwiesen.

Merkel "ist eine Inspiration, wenn es um den Kampf gegen den Terror und die atomare Aufrüstung Irans geht", hatte Israels Ministerpräsident Ehud Olmert die Kanzlerin bereits bei der Begrüßung gelobt. Wenig überraschend deshalb, dass insbesondere im Bereich Militär und Sicherheit künftig enger kooperiert werden soll. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak und sein deutscher Amtskollege Franz Josef Jung vereinbarten, im Bereich Abwehr von Flugkörpern technologisch zusammenzuarbeiten. Deutschland und Israel haben in puncto militärischer und geheimdienstlicher Kooperation bereits Erfahrung - sie ist viel intensiver als öffentlich bekannt. "Aus deutscher Sicht ist Israel in vielerlei Hinsicht wie ein Nato-Partner, mit dem Unterschied, dass das kleine Land mehr zu bieten hatte, als so mancher Nato-Staat", sagt Yves Pallade, Außenpolitikexperte der jüdischen Organisation Bnai Brith. Umgekehrt lieferte Deutschland der israelischen Marine eine neue Generation von U-Booten des Typs "Dolphin". Auch in der naturwissenschaftlichen Forschung und im IT-Bereich gilt der jüdische Staat als herausragend. Die von Hightech und Forschung angetriebene israelische Wirtschaft habe den deutschen Partnern viel zu bieten, betonte der israelische Exbotschafter Schimon Stein in Tel Aviv. "Wir sind in allem etwas innovativer, kreativer und schneller als Deutschland."

Merkel und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wollen jedoch auch politisch etwas bewegen im Nahen Osten. Schon am Wochenende war bekannt geworden, dass die Bundesregierung eine Friedenskonferenz in Berlin plant, bei der es insbesondere um die Ausbildung der palästinensischen Polizei und Sicherheitskräfte gehen soll. "Die Lösung des Konflikts liegt in unser aller Interesse", so Merkel gestern. Sowohl Israel als auch die Palästinenser befürworten die Initiative.

Die palästinensische Seite war zunächst etwas verschnupft, dass die deutsche Delegation ihren Besuch auf Israel beschränkt. Da Deutschland aber eines der größten Geberländer der Autonomiebehörde ist, sagt dies niemand öffentlich. Allein auf bilateraler Ebene erhalten die Palästinenser 43 Millionen Euro jährlich pro Kopf, so viel wie kein anderes Land der Welt. Präsident Mahmud Abbas habe in einem Telefongespräch mit ihr sein "volles Verständnis" darüber geäußert, dass sie dieses Mal nur nach Israel fährt, erklärte Merkel und fügte hinzu: "Er kann jederzeit auch uns besuchen."

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