Merkel trifft Putin: Alles vage in Meseberg
Sie sprachen drei Stunden lang. Worüber genau? Das bleibt auch nach dem Treffen Angela Merkels mit Wladimir Putin unklar.
Vor seinem mit Spannung erwarteten Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war Putin auf der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl. Die Einladung hatte für Irritationen gesorgt, schließlich hat Österreich aktuell die EU-Ratspräsidentschaft inne. Da wirkt es durchaus deplatziert, wenn eine österreichische Spitzenpolitikerin einen Autokraten zu ihrer Privatparty einlädt.
Putin macht das Beste aus der erhöhten Aufmerksamkeit. Er brachte einen Schwung Donkosaken mit in die Steiermark und ließ diese der Hochzeitgesellschaft kräftig vorsingen. Nach neunzig Minuten und einem Tänzchen mit Kneissl machte er sich schließlich auf den Weg Richtung Meseberg. Dort kam er eine halbe Stunde zu spät an. Aber die Abende im Nordosten sind lang und hell, sodass Angela Merkel und der russische Präsident vor der Schlosskulisse Erklärungen abgeben konnten.
Merkel wies in ihrem Statement auf die Verantwortung Russlands hin, Lösungen in internationalen Konflikten zu suchen und zu finden – „denn Russland ist ständiges Mitglied des Sicherheitsrates“. Sie wolle bei dem Treffen mit Wladimir Putin über die Ukraine-Krise reden und in diesem Zusammenhang auch über den Gas-Transfer durch die Ukraine.
Zugleich warnte Merkel vor einer humanitären Katastrophe in Syrien. Zwar gingen dort die Kampfhandlungen zurück. Nötig seien aber eine Verfassungsreform und Wahlen. Russland ist die Schutzmacht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.
Syrien, Ukraine, Gaslieferungen
Putin rief Europa zur Hilfe beim Wiederaufbau in Syrien auf. Eine Wiederherstellung der Infrastruktur sei nötig, damit Flüchtlinge aus dem Ausland heimkehren könnten. Dabei gehe es nicht nur um Rückkehrer aus Europa, sondern auch um Millionen Flüchtlinge aus den Nachbarländern Jordanien, dem Libanon und der Türkei.
Der russische Präsident unterstrich die Zuverlässigkeit russischer Gaslieferungen. Diese würden durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die direkt von Russland nach Deutschland führt, noch verbessert. Eine Fortsetzung des Gas-Transits durch die Ukraine auch nach dem Bau der neuen Pipeline schloss er nicht aus. Er sagte aber auch: „Die Hauptsache ist, dass dieser Transit durch die Ukraine, der Tradition hat, wirtschaftlichen Anforderungen entspricht.“
Angesichts der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die nach der Annexion der Krim wegen Moskaus Agieren in der Ostukraine verhängt worden waren, verwies Putin darauf, dass Deutschland einer der wichtigsten Handelspartner Russlands sei. Ohne die Sanktionen anzusprechen sagte er, dass das Handelsvolumen im vergangenen Jahr um 22 Prozent zugenommen habe. Deutsche Investitionen hätten 16 Milliarden Euro ausgemacht. Deutsche Unternehmen machten in Russland einen Umsatz von 43 Milliarden Euro.
Was Angela Merkel und Wladimir Putin während ihrer drei Stunden dauernden Gespräche konkret besprochen haben, ist nicht bekannt. Noch in derselben Nacht reiste der russische Präsident zurück nach Moskau.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich