Mercosur: Chávez doht dem Wirtschaftsbund
Hugo Chávez stellt dem Wirtschaftsbündnis ein Ultimatum. Brasilien und Paraguay sollen Venezuelas Beitritt bis September zustimmen. Sonst will Venezuela aussteigen.
BUENOS AIRES taz Der venezolanische Präsident Hugo Chávez hat dem Mercosur ein Ultimatum gestellt: "Wir warten bis September und nicht länger", drohte Chávez am Mittwoch. Sollten die Parlamente in Brasilien und Paraguay bis dahin dem Beitritt seines Landes zum Mercosur nicht zustimmen, werde sich Venezuela aus der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft zurückziehen, so Chávez. "Wenn er nicht bleiben will, dann soll er doch gehen", kommentierte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva.
Am 4. Juli 2006 hatten die Präsidenten der vier Mitgliedsländer Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay mit Venezuela das Beitrittsprotokoll unterzeichnet. Aber ein Jahr danach ist die Mitgliedschaft noch nicht endgültig rechtskräftig, hat Chávez im Mercosur-Ministerrat noch immer kein volles Stimmrecht und die venezolanischen Abgeordneten im neuen Mercosur-Parlament sind nur geduldet.
"Für den Beitritt gibt es Regeln, für den Austritt nicht", hatte Lula seiner Replik noch hinzugefügt. Lula spielte auf die vereinbarten Anpassungs- und Öffnungsklauseln im Protokoll an, die Venezuela einhalten muss. Vier Jahre sind als Übergangsphase für die Öffnung der venezolanischen Wirtschaft vorgesehen. Welche Schutzmaßnahmen wann aufgehoben werden müssen, ist genau festgelegt. Chávez hat jedoch schon durchblicken lassen, dass er die Wirtschaft nicht wie vereinbart öffnen will.
Die Parlamente in Argentinien und Uruguay haben den Beitritt bereits ratifiziert. Die Zustimmung in Brasilien und Paraguay steht noch immer aus. Carlos "Chacho" Álvarez, Vertreter der Ständigen Kommission des Mercosur, formuliert es diplomatisch: "Die Abstimmung in Paraguay könnte kompliziert werden." Ebenso verfüge Präsident Lula über keine allzu bequeme Mehrheit. "Die Rechte in unseren Ländern will den Beitritt Venezuelas nicht", so Álvarez.
Chávez hatte bereits beim routinemäßig stattfindenden Halbjahresgipfel der Mercosurpräsidenten in der paraguayischen Hauptstadt Asunción Ende Juni gefehlt. Gastgeber-Präsident Óscar Nicanor Duarte legte zwar am Donnerstag, einen Tag nach der Verkündigung des Ultimatums, dem Parlament das Beitrittsprotokoll zur Abstimmung vor. Doch Duarte hat in beiden Häusern keine Mehrheit und die Senatskammer blockiert seit einem Jahr alle seine Vorlagen.
Die brasilianische Zeitung O Estado de São Paulo spekuliert, dass Chávez nur einen Vorwand suche, um aus dem Mercosur auszusteigen, weil er dem Bündnis nicht seine eigenen Regeln überstülpen könne. Teil dieser Strategie sei die Beschimpfung des brasilianischen Parlaments. Nachdem Chávez die Sendelizenz des privaten Fernsehkanals RCTV Ende Mai nicht verlängert hatte, protestierte das brasilianische Parlament in einer Entschließung gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Hugo Chávez beschimpfte daraufhin brasilianischen Parlamentarier als "Papageien" der US-Regierung. Die Parlamentarier verlangen seither eine Entschuldigung, die Chávez verweigert.
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