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Mercosur-AbkommenPolen sagt „Nein“

Die Regierung im Warschau lehnt den von der EU beschlossenen Handelsdeal ab. Ein Grund: die Präsidentschaftswahl 2025

Polens Premierminister Donald Tusk Foto: Henrik Montgomery/TT/imago

Warschau taz | „Polen missbilligt das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten“, hatte Polens liberalkonservativer Premier Donald Tusk schon Anfang Dezember erklärt. Da hatte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerade das Ende der 25-jährigen Verhandlungen zwischen Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay als großen Erfolg gefeiert.

Entstehen soll ein gemeinsamer Handelsmarkt mit über 700 Millionen Konsumenten, darunter rund 260 Millionen in Lateinamerika. Durch das Abkommen sollen Schutzzölle auf zahlreiche Produkte wie Autos (35 Prozent), Getränke (20 bis 35 Prozent) oder Medikamente (14 Prozent) verschwinden.

Das würde auch Polens Wirtschaft zugute kommen, doch die polnischen Bauern fürchten, dass sie ihre dominierende Rolle als größter Geflügelexporteur der EU verlieren könnten, wenn „Billigfleisch aus Lateinamerika“ den europäischen Markt überschwemmen würde.

Ähnliches fürchten Frankreichs Rinderzüchter. Auch Präsident Emanuel Marcron kündigte ein Nein gegen die Ratifizierung des Vertrages an. Dabei versichert die Kommission insbesondere für Agrarprodukte Importkontingente ausgehandelt zu haben. Die hohe Qualität solle gewährleistet werden, indem nur Produkte von ausgewählten Betrieben zum Export zugelassen würden.

Übersetzungen stehen noch aus

Obwohl der vollständige Vertragstext noch gar nicht vorliegt und erst in alle Amtssprachen der EU übersetzt werden muss, verabschiedete die Tusk-Regierung eine offizielle Erklärung, in der sie gegen die zollfreien Fleischimportkontingente aus den Mercosur-Staaten in die EU protestiert. „Die Priorität der Regierung ist das Wohlergehen der Verbraucher und die Ernährungssicherheit“, heißt es da.

In der derzeitigen Fassung des EU-Mercosur-Handelsabkommens komme die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU zu kurz. Neben den Interessen der Industrie seien auch die des Agrarsektors zu berücksichtigen. Sollte die Kommission die Forderungen Warschaus nicht umsetzen, behalte sich Polen die Ablehnung des Vertrages vor.

Tusk verwies noch darauf, dass Polen allein den Vertrag nicht verhindern könne, aber wenn sich neben Frankreich auch Italien und einige kleinere EU-Staaten dagegen positionierten, reiche das für eine Sperrminorität in der EU.

Wahlentscheidung auf dem Land

Kommentatoren wie Aleksandra Ptak-Iglewska von der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita gehen davon aus, dass Tusk und die Regierung ohne die massive Anti-EU-Propaganda der nationalpopulistischen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) anders reagiert hätten. Doch bis zu den Präsidentenwahlen im Mai 2025 müssten sie das Lied der Bauern und der PiS singen, wenn sie ihren Kandidaten durchbringen wollten.

In Polen werden Wahlen auf dem Land entschieden. Auch bei den Parlamentswahlen Ende 2023 wurde die PiS dank der Bauern wieder stärkste Partei. Tusk konnte nur deshalb die Macht übernehmen, weil er das Risiko einer breiten Koalition einging. Die eigentlichen Entscheidungen über das Mercosur-Abkommen würden erst in der zweiten Hälfte 2025 gefällt. Der Tusk-Regierung bleibe genug Zeit, den Polen nach der Präsidentenwahl die Vorteile des Freihandelsabkommens zu erklären.

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3 Kommentare

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  • Hoffentlich hat Tusk Erfolg damit....

  • Polen hat doch schon von Anfang an Vorbehalte, das hat doch nichts mit der Wahl zu tun. Warum die Taz hier plötzlich so unkritisch mit Mercosur umgeht verstehe ich auch nicht.

    "Dabei versichert die Kommission insbesondere für Agrarprodukte Importkontingente ausgehandelt zu haben. Die hohe Qualität solle gewährleistet werden, indem nur Produkte von ausgewählten Betrieben zum Export zugelassen würden."

    Ja klingt ja auf dem Papier alles schön und gut, wird uns bei China und anderen Ländern auch immer wieder erzählt, Fakt ist aber, das Kontrollen so gut wie nicht vorhanden sind oder eben nicht funktionieren, weil überall Korruption vorherrscht. Wer garantiert mir, dass diese "ausgewählten Betriebe" sich an alle Vorgaben halten, das ist doch quatsch, hat in der Vergangenheit bisher auch nicht funktioniert. Einen etwas kritischeren Blick fände ich da angebracht.

    • @PartyChampignons:

      "...Polen hat doch schon von Anfang an Vorbehalte..."

      Wer ist "Polen" - was ist "von Anfang an"?



      Natürlich ist Polen als Folge langem und erzwungenem "Internationalismus" und dann noch 8 Jahre währender Hetze der PiS gegen alles "Europäische" (= 2. SU nach PiS-Denke) skeptisch und ängstlich.

      Die Bauern Polens, treue Diener der vorgestrigen Poln. Kirche und der nationalist. Denkungsart, sind die letzte Bastion der PiS. Denen wird alles versprochen, was die Macht sichert. Die Bergleute waren Helden der nat. Energieversorgung - und Topverdiener des kommunist. Systems. Die Kohle ist heilig...



      Sollte der neue Präsident aus dem PiS-Milieu rekrutiert werden (Kaczynski hat den "Unabh." Nawrocki auserwählt), dürfte der PLexit nahezu zwangsläufig kommen: PiS & Co. würde auch die nächste Sejm-Wahl gewinnen.

      Der arme Herr Tusk ist politisch gelähmt - fast alle wesentl. Gesetze werden von der durch PiS infiltrierten Justiz (Verfassungsgericht) sowie durch die Kaczynski-Marionette Duda gestoppt.

      Tusk wagt es kaum, sich mit "Deutschen" (etwa. BK Scholz) öffentlich und freundschaftlich einzulassen. Da muss er natürlich MERCOSUR ablehnen - es wird von PiS als deutsches Projekt verteufelt.