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Mercedes fliegt mit 60 Kilometern aus der Kurve

■ Konzern hat einen Motor falsch entwickelt, will aber Super-Duper-Luxusauto bauen

Berlin (taz) – Gleich mehrere Mercedes-Sterne fielen gestern vom Himmel. Ein A-Klasse-Wagen kippte bei nur 60 Stundenkilometern aus der Kurve und wurde dabei unglücklicherweise von einer Journalistin beobachtet. Zugleich sahen sich die Manager des Nobelkarossenherstellers gezwungen, die Entwicklung eines neuen Vierzylindermotors abzubrechen. Kostenpunkt: mehrere hundert Millionen Mark.

Erst vergangene Woche hatte Daimler-Chef Jürgen Schrempp mit viel Pomp den Startschuß für die Produktion der A-Klasse in Rastatt gegeben. „Erstklassige Qualität, wie sie Mercedes-Kunden gewohnt sind“, versprach er den KäuferInnen des Mittelklassewagens. Und jetzt das. Eine schwedische Autotestergruppe, bestehend aus vier Männern und einer Frau, fuhr einen rasanten Slalom auf einem Versuchsgelände. Nachdem sie mehrere rotweiße Plastikhütchen umkurvt hatten, hoben die Räder ab und die Fahrt war zu Ende. Drei Testfahrer mußten mit Schnittwunden ins Krankenhaus, das Autodach hatte einen erheblichen Schaden, berichtet das Handelsblatt über den Vorfall vom Dienstag.

„Jedes Auto hat seine physikalischen Grenzen. Es ging nur darum, die auszutesten“, rechtfertigt Pressesprecher Hans-Gerd Bode den Unfall. Fünf Millionen Kilometer habe man die Wagen der A-Klasse durch die Gegend fahren lassen, bevor sie auf die Kundschaft losgelassen wurden. Eine Milliarde Mark kostete die Entwicklung des Mittelklassewagens. Hinzu kamen 1,1 Milliarden Mark für die Produktionsstraße in Rastatt.

Einen weitaus größeren wirtschaftlichen Schaden dürfte Mercedes allerdings durch den Stopp einer Motorenentwicklung für die C-Klasse erleiden. Der Antrieb sollte eigentlich im kommenden Frühjahr in Serie gehen. 200 bis 300 Millionen Mark hatten die Ingenieure für die Entwicklung angesetzt, an der sie seit drei Jahren arbeiten. Doch das Ergebnis stellte die Herren aus der Chefetage nicht zufrieden – der angestrebte Spritverbrauch von sieben bis acht Litern wurde deutlich verfehlt. Jetzt soll es eine „Neubewertung des technischen Konzepts“ geben. Erst im Jahr 2002 wird Mercedes nun einen neuen Motor auf den Markt bringen können. Bis dahin muß sich das Unternehmen mit einer verbesserten Version des alten Antriebs behelfen.

Einzig tröstlich für die Stuttgarter war gestern, daß sie in Tokio ein Auto der „absoluten Luxusklasse“ vorstellen konnten. Das bisher nur als Designstudie existierende Gefährt soll 400 PS haben und 56 Zentimeter länger sein als der bisher längste bei Mercedes. Auf den Liegesitzen im Fahrgastraum können die Passagiere sich bei eisgekühltem Champagner aus dem Bordkühlschrank verlustieren oder heißen Kakao aus Porzellantassen schlürfen. Drei Telefone und ein Computersystem ermöglichen den Kontakt zur Außenwelt. Golfschläger gibt es serienmäßig. aje

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