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Menschliche Schutzschilde in SyrienRebellen sperren Gefangene in Käfige

In Syrien haben Rebellen Menschen in Käfige gesperrt. Damit sollen sie Luftangriffe verhindert haben wollen. Menschenrechtler sprechen von Kriegsverbrechen.

Eingesperrt zur Abschreckung: Die Gefangenen sollen Luftangriffe des Regimes verhindern Foto: Screenshot Youtube,www.youtube.com/watch?v=krjTdY4YrY8

Beirut AFP | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat syrischen Rebellen wegen des Missbrauchs von Gefangenen als menschliche Schutzschilde Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die Organisation äußerte sich zu am Wochenende aufgetauchten Videos, denen zufolge dutzende Gefangene in Käfigen an verschiedenen Orten der Region Ost-Ghuta bei Damaskus platziert wurden, um dadurch Angriffe der Regierungstruppen zu verhindern. Es handele sich um Geiselnahmen und eine Verletzung der persönlichen Würde, was beides Kriegsverbrechen seien, urteilte HRW in einer Erklärung.

Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte machte die einflussreiche Gruppe Dschaisch al-Islam für die Käfig-Aktion verantwortlich. Die Gruppe wird als die wichtigste Rebellengruppe in der Hauptstadtregion angesehen. Die Angaben der Beobachtungsstelle sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Laut HRW gab es ähnliche Vorfälle bereits im September in zwei von den Regierungstruppen gehaltenen und von Rebellen belagerten Städten in der Provinz Idlib. Allen Konfliktparteien in dem komplexen syrischen Bürgerkrieg werden Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt.

Am Dienstag wurde nach einem Bericht der Staatsmedien überdies ein syrischer Reporter nahe Damaskus getötet, der für einen amtlichen Radio- und einen örtlichen Fernsehsender arbeitete. Batul Muchlis al-Warar sei bei einem Beschuss von „Terroristen“ in Harasta in Ost-Ghuta getötet worden, berichtete das Staatsfernsehen. Die syrische Führung bezeichnet alle ihre Gegner als „Terroristen“. Harasta wird von Rebellen kontrolliert. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte den Tod des Journalisten.

Syrien gilt derzeit als einer der gefährlichsten Orte für Journalisten. Seit Beginn des Konflikts im März 2011 wurden nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen mindestens 48 Journalisten in dem Land getötet. Viele wurden überdies von Regierungstruppen oder Oppositionskräften festgenommen oder von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) entführt und getötet.

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6 Kommentare

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  • Man ist noch lange kein Lügenpresse-Schreier, wenn man auch die taz zu mehr journalistscher Sorgfalt aufruft.

     

    Positionen der sogenannten "Westlichen Wertegemeinschaft" in der Auslegung von Frau Göring-Eckardt, Frau Harms et al. haben nun mal ein G'schmäckle und sind selbst innerhalb der Grünen nicht unumstritten, beim Spektrum der taz-Leserschaft wird es sicherlich immer wieder Verstörungen ob dieses Verlassens des Weges der journalistischen Unabhängigkeit geben, bei mir als taz-Leser der ersten Stunde auf jeden Fall.

  • Solche Berichte - so sie denn auf Tatsachen beruhen - sollten auch bei der TAZ-Redaktion zum Nachdenken über die vermeintlich "gemäßigten" ("moderate") Rebellen anregen. - Und auch dieser Begriff sagt doch wesentlich nur aus, daß jene "Rebellen" radikale (in diesem Fall: islamistische) Ansichten verwirklichen, nur eben "gemäßigt". Ich weiß nicht, ob dies überhaupt unterstützenswert ist. Ganz bestimmt nicht für eine Zeitung wie die TAZ! - Wie schon oft von mir kritisiert: USA/NATO haben ein funktionales Verständnis von Terrorismus und Extremismus, sie nutzen ihn gern, wenn er ihren Zielen dienlich zu sein scheint. - Gilt übrigens, auf andere Gruppen bezogen (Rechtsparteien in der EU), auch für die Putin-Administration.

  • Naja, so geht´s halt zu im Krieg. Man sollte ihn grundsätzlich abschaffen. Weiß man eigentlich seit 100 Jahren.

  • "Am Dienstag wurde nach einem Bericht der Staatsmedien überdies ein syrischer Reporter nahe Damaskus getötet, der für einen amtlichen Radio- und einen örtlichen Fernsehsender arbeitete. Batul Muchlis al-Warar sei bei einem Beschuss von „Terroristen“ in Harasta in Ost-Ghuta getötet worden, berichtete das Staatsfernsehen. Die syrische Führung bezeichnet alle ihre Gegner als „Terroristen“."

     

    Wie soll der Leser das verstehen? Leute, die Reporter oder andere Zivilisten erschießen und keine Staatsbüttel sind, nennt man ohne wenn und aber "Terroristen", sogar ohne Gänsefüßchen. Was soll diese Relativierung, um dem Assad noch eine mitzugeben?

     

    Seltsame "Journalisten"

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Bitte um Klarstellung:

    Gehören diese Verbrecher nicht zufällig zu den "moderaten Syrern", von denen jüngst hierzulande immer wieder die Rede war?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Das ist ganz einfach. Russische und syrische Bomben fallen grundsätzlich auf "gemäßigte" Rebellen, ohne dass "Gotteskrieger" in der Nähe sind. Kriegsverbrechen werden grundsätzlich von den "Gotteskriegern" begangen, ohne dass "gemäßigte" Rebellen in der Nähe sind. Passiert beides am selben Ort, so gibt es am dem Ort ein Raum-Zeit-Paradoxem.