Menschenrechtler muss Venezuela verlassen: Bei Kritik Rauswurf

Wenige Stunden nach der Veröffentlichung eines kritischen Berichts verweist Venezuela einen Menschenrechtsbeobachter des Landes.

Human Rights Watch und die einheimische Menschenrechtsorganisation Provea kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bild: dpa

Venezuela hat einen prominenten Vertreter der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) des Landes verwiesen. Der Chilene José Miguel Vivanco, Leiter der Amerika-Abteilung des HRW, hatte wenige Stunden zuvor einen kritischen Bericht über die Regierungszeit des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez vorgestellt. Darin wirft er diesem unter anderem vor, er habe die rechtsstaatlichen Institutionen systematisch geschwächt und die Mitwirkung der Zivilgesellschaft eingeschränkt.

"Herr Vivanco hat die Institutionen der venezolanischen Demokratie auf eine unflätige Weise verunglimpft", erklärte Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro die Ausweisung auf einer Pressekonferenz am Donnerstagabend. Vivanco befände sich bereits außerhalb des venezolanischen Luftraumes. Maduro warf Vivanco vor, im Dienste der US-Regierung zu arbeiten. Die Ausweisung sei eine "klare Botschaft" an alle, die versuchten, nach Venezuela zu kommen, um dort konspirativ tätig zu werden, sagte Maduro: "Wer sich in die internen Angelegenheiten Venezuelas einmischt, wird dieselbe Antwort erhalten".

Vivanco gilt als linksliberal, wegen seiner fundierten Arbeit ist er bei den führenden Anhängern Chávez ebenso verhasst wie bei der rechten Regierung des Nachbarlandes Kolumbien. Stunden vor seiner Ausweisung hatte er eine 236 Seiten umfassende Studie vorgestellt, sie trägt den Titel "Ein Jahrzehnt unter Chávez - Politische Intoleranz und verpasste Chancen bei der Förderung der Menschenrechte in Venezuela". Vivanco wirft Chávez darin "Diskriminierung aus politischen Gründen" und eine "offene Missachtung der Gewaltenteilung" vor. Zwar würdigt die Studie auch die Förderung von Basisradios und -fernsehsendern als Beitrag zur Pressevielfalt und bezeichnet den misslungenen Putschversuch gegen Chávez im April 2002 als den "dramatischsten Rückschlag" für die neue Verfassung von 1999. Doch sei eben dieser Putschversuch der Vorwand für die schrittweise Aushöhlung liberaler Grundrechte gewesen. Die Regierung habe weitgehend die "historische Chance" vertan, ihre fortschrittliche Verfassung umzusetzen.

In dem Bericht wird nur die Umsetzung der bürgerlichen Menschenrechte analysiert. Ausgeblendet bleiben die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, wie sie die einheimische Menschenrechtsgruppe Provea jährlich beleuchten. In diesem Sinn handelt HRW einseitig - aber mit Vivancos Ausweisung haben sich Chávez Anhänger keinen Gefallen getan.

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