Menschenrechte in China: Eine Debatte wird vertagt
Hamburgs Landeszentrale für politische Bildung sagt kurzfristig eine Veranstaltung zum Organhandel in China ab – angeblich auf Druck des Senats.
HAMBURG taz | Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Organraub in China“ ist von der Hamburger Landeszentrale für politische Bildung kurzfristig abgesagt worden. Mit Blick auf das Phänomen der „Ausbeutung von Menschen im Kontext von Armut und Reichtum“ habe sie sich entschieden, die für den 27. August geplante Veranstaltung zu verschieben und im Rahmen einer Reihe zu dem umfassenderen Thema neu zu konzipieren.
Angeregt worden war das Thema von Nina Hamrle von der Falun-Gong-Bewegung. Sie hält die Begründung der Landeszentrale für fadenscheinig. Hamrles Informationen nach hat sich ein Staatsrat des SPD-geführten Senats dafür stark gemacht, die Veranstaltung abzusetzen. Die Landeszentrale weist das von sich: Laut Pressesprecherin Annika Fritzsche traf man die Entscheidung selbst. Es habe niemand interveniert.
Der Termin für die Veranstaltung stand seit Juni fest, abgesagt wurde sie vor gut einer Woche. Geplant war, den Dokumentarfilm „Zwischen Leben und Tod – Organraub an Falun Gong in China“ zu zeigen. Anschließend sollten Man-Yan Ng von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und der Arzt Huige Li von der Organisation „Doctors against forced organ harvesting“ (Dafoh) diskutieren. Hamrle zufolge war auch ein Vertreter des chinesischen Konsulats eingeladen. Er habe die Teilnahme allerdings abgesagt.
Dem Veranstaltungsfaltblatt zufolge sollte das Podium den Vorwurf diskutieren, der chinesische Staat entnehme Gefangenen Organe, um damit Handel zu treiben. „Sind es nur bloße und haltlose Anschuldigungen?“, wird darin gefragt. „Oder geht hier ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Weltöffentlichkeit vorbei?“ In einem Untersuchungsbericht, der bei der Landeszentrale erhältlich ist, behaupten Menschenrechtler, China habe lebenden Falun-Gong-Praktizierenden Organe entnommen.
Falun Gong bedient sich der traditionellen chinesischen Gymnastik Qi Gong, um vor einem buddhistischen Hintergrund Menschen zu einem höheren Bewusstsein zu führen. Die chinesische Regierung verfolgt die Anhänger der Bewegung. Ob Falun Gong eine Sekte ist, ist in Deutschland umstritten.
„Das Thema Organraub fällt bei uns nicht unter den Tisch“, versichert Pressesprecherin Fritzsche. Als Teil einer Veranstaltungsreihe werde es sogar mit einer größeren Aufmerksamkeit rechnen können. Ob der Dokumentarfilm dabei gezeigt wird, ist demnach noch offen.
Podiumsteilnehmer Huige Li bezeichnet die Begründung für die Verschiebung als nicht sehr plausibel. Eine derartige Absage habe er noch nie erlebt, sagt er: „Ich kann mir vorstellen, dass das chinesische Konsulat bei so einer Veranstaltung Druck ausübt.“
Der Landeszentrale entstanden nach eigenen Angaben durch die kurzfristige Absage Kosten in Höhe von 380 Euro für den Veranstaltungsflyer. KNÖ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“