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Menschenrechte ausgeblendet

■ Dank der Bonner Regie mußte sich Indonesiens Präsident Suharto nicht zu Menschenrechtsverletzungen äußern

Bonn (taz) – Wenn Indonesiens Präsident Suharto morgen früh nach Hause zurückfliegt, kann er sich beglückwünschen: Von kritischen Fragen ist er an immerhin fünf Tagen Staatsbesuch beinahe vollständig verschont geblieben. Die Presse blieb bei seinem Besuch außen vor. Im Bundeskanzleramt wird das als normal angesehen. Die Programmplanung Suharto habe man „ganz geschäftsmäßig ablaufen lassen“, und Pressekonferenzen bei Besuchen von Staatsoberhäuptern seien sowieso „absolute Ausnahmefälle“.

Der Besuch des chilenischen Präsidenten Eduardo Frei vierzehn Tage vor Suhartos Ankunft war wohl so eine Ausnahme: Frei sprach mehrmals öffentlich, und zu Stationen seines Besuchs waren die Medien eingeladen. Die Scheu des indonesischen Präsidenten, dessen Regime seit Jahrzehnten wegen massiver Menschenrechtsverletzungen am Pranger steht, ist auch im Parlament aufgefallen. Der SPD-Außen- und Menschenrechtspolitiker Volker Neumann etwa, der seit vielen Jahren im Auswärtigen Ausschuß Südostasienpolitik macht, war diesmal nicht zur Eröffnung der Hannovermesse eingeladen, deren Partnerland in diesem Jahr Indonesien ist. Neumann: „Ich hatte sonst immer eine Einladung. Ministerpräsident Schröder ist ein guter Bekannter, und ich bin ja auch niedersächsischer Abgeordneter.“

Ute Schäfer von der „Kampagne gegen Rüstungsexport“ machte ähnliche Erfahrungen mit der Geheimniskrämerei der Deutschen wie der Indonesier: „Über aktuelle Rüstungsprojekte ist im Moment absolut nichts herauszubringen. Dabei ist es außerordentlich unwahrscheinlich, daß es nichts gibt. Und es gibt durchaus Länder, zum Beispiel Saudi-Arabien, deren Rüstungsimporte aus Deutschland ganz offen berichtet werden.“ Auch in Deutschland schweige man lieber darüber, einem Land wie Indonesien Rüstungsgüter zu liefern.

Was Journalisten Suharto nicht fragen durften, hat auch das öffentliche Bonn nicht zum Thema gemacht. Das Auswärtige Amt berichtete gestern von einem ausführlichen Meinungsaustausch Suhartos mit dem Kanzler und Minister Kinkel. Themen: Partnerschaft mit Asien, der Atomwaffensperrvertrag, die Wirtschaft Indonesiens, selbst Jugoslawien. Nur das Thema Menschenrechte war nicht dabei. Andrea Dernbach

Kommentar Seite 10

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