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Memes über das KonklaveDie Gen Z will einen woken Papst

Kardinalsreden hinterlegt mit Popsongs; Spiele, in denen man „Pope Points“ sammeln kann. Die Wahl des neuen Papstes treibt das Internet um.

Spaziergänger auf dem Petersplatz Foto: Stoyan Nenov/reuters

Am Mittwochnachmittag werden in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan die Türen verschlossen und die Welt muss draußen bleiben: Das Konklave beginnt. Be­ob­ach­te­r:in­nen haben sich bereits auf einige Favoriten unter jenen 133 Kardinälen festgelegt, die das neue Oberhaupt der katholischen Kirche wählen.

Wer die größten Chancen hat, wissen nur die, die hinter den Mauern ihre Verschwiegenheit erklären – und die Gen-Z in den sozialen Medien. „Dies wird das bisher am genauesten beobachtete Konklave sein (hauptsächlich, weil wir jetzt alle wissen, was ein Konklave eigentlich ist)“, schreibt ein User auf X.

Das Konklave nach dem Tod von Papst Franziskus am Ostermontag ist nicht nur für die christliche Welt ein bedeutender Umbruch – die Gen-Z verwandelt die heilige Wahl in ein popkulturelles Ereignis. Ein Ursprung liegt im Film „Konklave“ aus dem vergangenen Jahr, der aus der Papstwahl einen Thriller macht. Für viele Zu­schaue­r:in­nen ist das ein erster Einblick hinter die Kulissen. Laut dem Streaming-Analysedienst Luminate stieg die Zahl der geschauten Minuten am Tag nach der Todesnachricht aus dem Vatikan um fast 300 Prozent.

Während die Welt das Drama schaut, macht die Gen-Z nicht nur Memes aus dem Film: Das reale Konklave ist nun im Trend. Seit Ostermontag gehen Memes und Tiktok-Edits und ästhetische Videozusammenschnitte viral. Laut einem Instagram-Meme erhoffen sich die „Konklave“-Fans ein gleiches Drama in der realen Papstwahl.

Charli xcx und Kardinal Zuppi

Ein Edit zeigt Videozusammenschnitte von einem der Favoriten, dem italienischen Kardinal Matteo Maria Zuppi. Im Hintergrund läuft der Song „Von Dutch“ von Charli xcx. „I’m your number one“ singt sie, während Interview-Sequenzen des eher liberalen Kardinals zum Beat des Elektropop-Songs eingespielt werden. Zuppi setzt sich für eine inklusivere Kirche und für eine größere Offenheit gegenüber LGBTQIA+ Personen ein.

Ein Fan Favorite im Netz ist auch Kardinal Luis Antonio Tagle. Der philippinische Geistliche setzt sich ebenfalls für mehr Rechte der queeren Community ein und macht sich für die Armen stark. Das bewegt einen Tiktok-User dazu, sein Video mit „Manifestier-Sounds“ zu unterlegen. Diese Klänge haben eine ähnliche Funktion wie Mantras, mit welchen in Tiktoks Wünsche gezielt in Realität verwandelt werden sollen.

Der „woke Filipino Pope“, den sich der User im Video wünscht, bleibt im Kontext der Institution Katholische Kirche wohl doch eher Wunschdenken. Dennoch ist Tagle beliebt: Ausschnitte aus seinen Reden bekommen auf Tiktok tausende Likes.

Neben viralen Reden und Memes überträgt ein Tiktoker namens Max mit seiner „Fantasy Pope League“ die Papstwahl in ein interaktives Spiel: Teilnehmende werden per Zufall einem realen Kardinal zugewiesen. Dessen Erfolg bei der Papstwahl bringen dem Spieler Punkte. Weitere „Pope Points“ gibt es bei der Anmeldung auf der von Max erstellten Webseite, bei der Fragen zur Papstwahl beantwortet werden müssen. Die Anmeldungen sind bereits geschlossen und ein möglicher Preis für den:­die Ge­win­ne­r:in ist vage gehalten.

Kardinal Parolin führt auf den Wettmärkten

Nicht nur im Spiel kann man mitfiebern, sondern auch auf den Wettmärkten. Auf Polymarket ist Kardinal Pietro Parolin Favorit mit 31 Prozent (Stand: Mittwochvormittag). Wem das noch nicht reicht, kann den Kardinal-O-Mat ausprobieren: Ein Quiz, das wie der Wahl-O-Mat funktioniert und zeigt, welcher Kardinal den eigenen kirchlichen Überzeugungen am nächsten kommt.

Die Wahl des 267. Oberhauptes der katholischen Kirche beschäftigt dieses Jahr nicht nur die Religiösen. Wohl noch nie wurde eine Papstwahl von jungen Menschen weltweit derart zelebriert. Die Caption eines Tiktoks fasst das Social-Media-Phänomen treffend zusammen: „Ich auf dem Weg zum Konklave, mit null Qualifikationen, aber starken Meinungen, wer der nächste Papst sein sollte.“ Hinter Memes, Spielen und Wetten zeigt sich: Der linke Teil der Gen Z will einen liberalen Pontifex. Jemand, der sich auch für ihre Lebensrealität interessiert.

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4 Kommentare

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  • Ich stelle jetzt mal eine Behauptung auf: ein großer Teil der Gen Z interessiert sich nicht die Bohne für den Papst oder die katholische Kirche mit ihren mittelalterlichen Strukturen.....

  • "Wohl noch nie wurde eine Papstwahl von jungen Menschen weltweit derart zelebriert." Das glaube ich nicht. Das Interesse der jüngeren Menschen wird nur sichtbarer durch die neuen sozialen Medien, wenn man das unter "Zelebrieren" verstehen möchte.



    Ein Blick auf die jüngere Historie zeigt übrigens, dass nie einem Papst jemand folgte, der eine vergleichbare Persönlichkeit gewesen wäre oder dieselbe Agenda verfolgt hätte wie der Vorgänger.



    Noch am ehesten vergleichbar mit Franziskus war Johannes XXIII. Wenn damals die Hoffnung bestand, das laufende II. Vaticanum würde 1963 von einem Nachfolger weitergeführt, der die Kirche mit der gleichen (vermeintlichen) Unkonventionalität öffnen würde, wurde mit Paul VI. enttäuscht: ein vorsichtiger Diplomat und Theologe.



    Auf den (nach außen) kath. "Popstar" JP II., der sogar sein jahrelanges Siechtum öffentlich präsentierte, folgte Bene XVI., staubtrockner und ziemlich humorloser Theologieprofessor, dem das Amt letztlich nur auf die Nerven ging. U.s.f.

  • Ich will und brauche überhaupt keinen Papst. Aber fetzt euch gern darum.

    • @Jungle Warrior:

      Aber immerhin: Dafür, den Text zu lesen und einen Kommentar beizutragen, reicht Ihr Interesse.